11.12.2025 von SWYRL/Martina Maier
Schauspielerin Andrea L'Arronge zieht es noch einmal vor die Kamera. Nach drei Jahren Pause lebt sie in "Eine fast perfekte Bescherung" (ZDF, Sonntag, 14. Dezember) ihre nicht vorhandene Weihnachtsbegeisterung aus. Ob danach Schluss sein soll mit der Karriere und ob es andere Pläne gibt, verrät sie im Interview.
Wenige deutsche Schauspielerinnen beginnen ihre Karriere im Alter von neun Jahren. Noch weniger sind es, die auch knapp 60 Jahre später noch im Geschäft und durch unzählige Filme einem breiten Publikum bekannt sind. Andrea L'Arronge ist einer dieser Stars. In der "Schwarzwaldklinik" kuschelte sie einst mit "Doktor" Volker Brandt im Labor, später mit Schatztaucher Krystian Martinek auf einem Boot im "Hotel Paradies", doch unvergessen bleibt vor allem ihre Rolle als ermittlungsfreudige Gräfin Schönberg in der "SOKO Kitzbühel", die sie 20 Jahre lang spielte. Die gebürtige Münchnerin und Mutter einer erwachsenen Tochter lebt seit einigen Jahren allein in Italien, wo sie ihr Traumhaus gefunden und renoviert hat. Im Gespräch sitzt die 68-Jährige, die leicht für Mitte 50 durchgehen könnte, dort vor einem riesigen bunten Gemälde, das sie einst von Dreharbeiten aus Südafrika mitbrachte, und erzählt im Interview freundlich und offen, manchmal mit einem Hauch Schüchternheit von ihrem Leben im nicht immer sonnigen Süden. Sie berichtet von den verpatzten Weihnachtsfesten ihrer Kindheit und ihrer Leidenschaft für selbstgebraute Wohlfühlprodukte aus dem Garten. Andrea L'Arronge ist nach drei Jahren Kamerapause pünktlich zum Fest in der Weihnachtskomödie "Eine fast perfekte Bescherung" (Sonntag, 14. Dezember, 20.15 Uhr, im ZDF) als übereifrige Mutter einer Radiomoderatorin zu sehen.
Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.
Traumhaus am Lago Bracciano
teleschau: Wie kam es dazu, dass Sie nach drei Jahren TV- und Filmabstinenz gerade mit einer Weihnachtskomödie wieder durchgestartet sind?
Andrea L'Arronge: Nach 20 Jahren "Soko Kitzbühel" und insgesamt fast 60 Jahren vor der Kamera waren diese drei Jahre Auszeit für mich essenziell wichtig, um zu mir selbst zu kommen. Ich bin jetzt 68 und überlegte sogar, nie wieder vor die Kamera zu treten. In der Zwischenzeit setzte ich meinen Lebenstraum um: Ich habe in Italien ein Haus gekauft und tobe seitdem meine Leidenschaft als Innenarchitektin aus, was mein zweiter Berufswunsch gewesen wäre. Eine Auszeit verändert den Blick auf die Dinge, und das Angebot von "Eine fast perfekte Bescherung" war zur richtigen Zeit das richtige Projekt.
teleschau: Wie geht es Ihnen in Italien?
Andrea L'Arronge: So langsam komme ich an. Es ist alles nicht leicht und nicht alles Gold, was glänzt. Man hat zwischendurch seine Zweifel, ob man alles richtig gemacht hat, weil mit den Handwerkern immer wieder etwas los ist. Es ist nicht so, wie man das aus Deutschland gewöhnt ist, dass man einen Plan macht und einen Vertrag schließt, in dem steht, bis wann ein Projekt abgeschlossen sein muss. Jemand sagte zu mir, er würde gern mal etwas schreiben über den Alltag von Frauen, die ein Haus besitzen. Da erklärte ich ihm, YouTube sei der beste Freund, denn da gebe es für alles Anleitungen. Bis die Handwerker hier ankommen, hat man manches auch schon selber erledigt. Das füllt die Zeit aus und lenkt den Blick auf andere Dinge (lacht).
teleschau: Sie haben mit neun Jahren ein bisschen früher angefangen zu arbeiten als die meisten Leute. Winkt nun der Ruhestand?
Andrea L'Arronge: Ich weiß es nicht genau. Manchmal tut das den Menschen gar nicht so gut. Ich glaube, dass alle in Zukunft wieder länger arbeiten müssen, weil die Rente nicht reicht. Das muss man nicht dann erst entscheiden, wenn es so weit ist, sondern man sollte einen Lebensplan haben und wissen, was man macht, wenn Tag X kommt. Menschen, die eingebettet sind in eine große Familie, fällt es vielleicht nicht schwer. Aber gerade als Frau nimmt man sich oft zu sehr zurück. Dann ist es an der Zeit, nach den eigenen Interessen zu suchen und sie zu leben.
teleschau: Wie ist das Verhältnis zu Ihrer erwachsenen Tochter, seit Sie in Italien leben?
Andrea L'Arronge: Ich lebe nach wie vor auch in München und pendele zwischen zwei Welten. Meine Tochter ist oft hier, oder ich sehe sie in Deutschland.
teleschau: Inwiefern haben Sie Ihr Interesse an Innenarchitektur in Ihrem eigenen Haus verwirklich?
Andrea L'Arronge: Das Haus war eine totale Bruchbude. Die Maklerin, mit der ich heute befreundet bin, sagte mir später, sie hätte das Haus nie gekauft, aber ich müsse wohl eine Vision gehabt haben. Und so ist es halt, wenn man ein Haus oder ein Grundstück sucht, da spielt alles eine Rolle. Man kommt irgendwo hin und hat plötzlich diese Eingebung: Das ist es! Dann sieht man vor dem inneren Auge schon, das mache ich hier so, und da muss die Wand raus, und da muss etwas zugemacht werden. Das hat sich verselbständigt, und ich wusste sofort, dass ich das Richtige gefunden hatte.
"In Italien habe ich Geduld gelernt"
teleschau: Dabei lernten Sie ja den See, an dem Ihr Haus steht, schon früher kennen.
Andrea L'Arronge: Ja, das war, als meine Eltern fünf Jahre in Rom gelebt haben. Mein Vater war Kameramann beim Bayerischen Rundfunk. Einmal, als ich gerade mit meiner Tochter schwanger war, habe ich die beiden besucht. Es war so heiß in Rom, dass sie sagten, wir fahren jetzt raus an den Lago Bracciano, magst du mitkommen? Ich kam mit, und wir besuchten dort Freunde vom ZDF. Da stand ich bei denen auf der Terrasse, schaute auf den See und wurde mit aller Wucht von der Schönheit des Ortes getroffen. Hier könnte ich leben, war mein Gedanke. Das werde ich nie vergessen.
teleschau: Was mögen Sie an Italien, was es in Deutschland so nicht gibt?
Andrea L'Arronge: Ich habe viel gelernt in diesem Land, Geduld an erster Stelle. Es ist eine völlig andere Art und Weise, mit dem Leben umzugehen, mit Katastrophen und Widrigkeiten, denn Italien befindet sich ja seit Jahrzehnten im Chaos und hat gelernt, damit klarzukommen. Jeder findet seinen eigenen Weg, und man verlässt sich nicht mehr so sehr auf den Staat, sondern geht mehr in die Eigenverantwortung. Die meisten haben hier große Familien, die eine große soziale Komponente übernehmen. Das ist etwas, das wir in Deutschland komplett verlernt haben und das ich hier sehr schön finde. In Italien werden auch die älteren Leute ganz anders behandelt, mit sehr viel mehr Respekt. Hier weiß man, dass die Lebenserfahrung wichtig ist und dass die Oma vielleicht was im Sparstrumpf hat, das einem hilft, ein kleines Häuschen oder eine Wohnung zu kaufen, denn die Italiener leben fast alle in der eigenen Immobilie. Das ist hier ganz wichtig, im Gegensatz zu Deutschland.
teleschau: Durch welche Erlebnisse haben Sie Geduld gelernt?
Andrea L'Arronge: Am Anfang stand ich hier immer um 8 Uhr fix und fertig und erwartete den Handwerker, und dann kam keiner. Nach zwei Stunden rief ich an und fragte, wo er denn bleibe. Und dann sagte er, der Mama ginge es gerade schlecht, und er habe sie irgendwo hin fahren müssen, er käme dann jetzt gleich. Diese Art und Weise, mit Terminen umzugehen, war mir natürlich fremd, und ich war extrem entsetzt. Aber ich habe daraus gelernt, dass es andere Dinge im Leben gibt, die für die Italiener viel wichtiger sind als das Arbeiten und das Geldverdienen.
teleschau: Was haben Sie für sich daraus gemacht?
Andrea L'Arronge: Den Mittelweg daraus habe ich für mich genommen. Ich würde nicht so weit gehen zu sagen, mir geht's gerade nicht gut, wir machen jetzt das Interview nicht. Aber in meiner Freizeit auch mal einer Freundin abzusagen, wenn mir dann doch nicht danach ist, das habe ich zum Beispiel gelernt, weil wichtig ist, dass wir zu uns selber gut sind. Denn nur, wenn es uns gut geht, können wir auch den anderen helfen. Also im Grunde eine Reise zu sich selbst, um mit sich liebevoll und pfleglich umzugehen. Das habe ich hier gelernt.
Weihnachtstrauma aus der Kindheit
teleschau: Apropos Wohlfühlen und Gesundheit: Sie hatten ein Firma für Ayurveda-Produkte. Welche Rolle spielt die innere und äußere Pflege heute bei Ihnen?
Andrea L'Arronge: Ich habe hier mein Kräuterbeet und mache nach wie vor meine Gesichtsöle oder Tinkturen und meine Tees selber. Es ist sehr sinnvoll, dass man so etwas macht und nicht immer in die Apotheke rennen muss, sondern dass man ein bisschen Eigenverantwortung übernimmt und altes Wissen weitergibt. Das finde ich ganz wichtig in unserer heutigen Zeit.
teleschau: Das gilt sicher auch beim Thema Essen, besonders in Italien.
Andrea L'Arronge: Ich sage immer, Essen ist für den Körper wie Benzin fürs Auto. Nur nehmen wir für das Auto immer die beste Qualität, während wir beim Essen total vergessen haben, dass es unsere Grundenergie ist. Was wir in unseren Körper hineingeben, ist das, was uns letztendlich ausmacht, wie gesund wir sind. Ständig Fertiggerichte, das ist ganz gruselig. Aber ich muss zugeben, es ist auch hier sehr anstrengend für die jungen Frauen, die haben wenig Zeit und kaufen Fertigpizza, weil sie alle mitarbeiten müssen, sonst kommen sie finanziell nicht über die Runden. Man erlebt hier gerade eine Verschiebung in der Ernährung, weg vom Mediterranen, Gesunden hin zu Fast Food. Da sind wir in Deutschland schon wieder ein bisschen weiter mit den vielen Bioläden und all der Aufklärung. Bioprodukte sind in Italien kaum zu finden und wenn, dann sehr teuer. Da muss man sich mehr auf sich selber verlassen.
teleschau: Dabei haben die Italiener traditionell so eine wunderbare Esskultur.
Andrea L'Arronge: Dazu werden sie schon irgendwann zurückkehren. Wenn sie durch das Fastfood krank werden, werden sie es auch kapieren. Das sind alles so Zyklen, die in den Ländern unterschiedlich verlaufen, und Süditalien ist diesbezüglich ein bisschen hinterher.
teleschau: "Lass dich Weihnachten nimmer frieren in deinem Herzen" war der Schlusssatz einer Predigt vom Almhofer Jörg, die Sie einmal vorgetragen haben. Lassen Sie uns über Weihnachten sprechen. Wie begehen Sie das Fest?
Andrea L'Arronge: Ich war noch nie ein Weihnachtstier. Ich feiere ganz entspannt mit Freunden hier und bin gar nicht auf Weihnachten fixiert. Das liegt an der Geschichte meiner Familie, denn da war immer Streit, sodass ich ein regelrechtes Weihnachtstrauma habe. Es ist ein Klischee, aber in meinem Fall hat es sich bewahrheitet. Deswegen bin ich immer froh, wenn die Feiertage vorbei sind und picke mir das Angenehme heraus: dass andere Freunde auch mehr Zeit haben, dass man sich trifft, isst und trinkt. Der ursprüngliche Gedanke dahinter ist ja, dass man sich um Freunde und Familie kümmert und auch selber ein bisschen in sich geht, vielleicht auch mal alleine ist und in sich hineinhört.
"Wir müssen wieder lernen, einander zuzuhören"
teleschau: Wie haben Sie Weihnachten mit Ihrer eigenen Familie erlebt?
Andrea L'Arronge: Als Jessi klein war, haben wir das schon zelebriert. Aber wenn die Kinder in die Schule kommen oder sogar schon im Kindergarten, wissen sie schon, dass es keinen Weihnachtsmann und kein Christkind gibt. Trotzdem wird das Fest immer noch gerne gefeiert. Aber dann kommen sie in die Pubertät und bemerken diesen Unfrieden, der überall herrscht zwischen den Familien, den Eltern, Schwiegereltern. Mit 16 durfte ich am Nachmittag mit meinem Vater immer schon drei Sherry trinken, und er sagte, oh Gott, wir müssen jetzt irgendwie unsere Nerven beruhigen wegen heute Abend (lacht). Es gab wirklich immer irgend einen Eklat und man ist immer sauer rausmarschiert. Traumatische Erlebnisse also, und deswegen bin ich nicht so ein Weihnachtsfreak.
teleschau: Eine Weihnachtskomödie war aber offenbar kein Problem.
Andrea L'Arronge: Die Grundidee von "Eine fast perfekte Bescherung" ist witzig: Man kommt in so einer besonderen Situation in einer greißlichen Turnhalle mit Menschen zusammen, die sonst nichts miteinander zu tun haben. Das fand ich toll, denn darum geht es ja auch in unserer heutigen Zeit sehr: dass wir wieder lernen, auf einander zuzugehen und dem anderen zuzuhören. Den Leuten ist ja in dieser Turnhalle nichts anderes übrig geblieben, und prompt haben sich Freundschaften entwickelt. So eine Gänsehautgeschichte hat ihre Berechtigung gerade in unserer heutigen Zeit, nicht nur zu Weihnachten. Man kann mit den einfachsten Mittel so viel erreichen, man muss nicht immer ganz viel Geld haben, um irgendwas zu machen, das ist eigentlich gar nicht so wichtig.
teleschau: Gibt es Vorsätze fürs neue Jahr oder konkrete Pläne?
Andrea L'Arronge: Ich habe während meiner Auszeit ein Buch geschrieben, das am 16. März erscheint. Es heißt "Der Zitronenbaum in meinem Garten" und ist eine Autobiografie über mein Leben und alle Erkenntnisse, die sich daraus ergeben haben.
teleschau: Würden Sie Ihren Weg mit dem frühen Beginn Ihrer Schauspielkarriere mit allem Stress, aber auch allen Freuden wieder so einschlagen?
Andrea L'Arronge: Ich weiß nicht, ob ich es noch mal so machen würde. Es war nicht der schlechteste Weg, und dafür bin ich sehr dankbar. Wenn man davon ausgeht, dass man mehrere Leben hat und öfters mal wieder kommt, sehe ich mich durchaus als Innenarchitektin oder als Heilerin. In einer dieser zwei Sparten würde ich mich auch sehr zu Hause fühlen. Ein neues Filmprojekt gibt es momentan nicht. Es könnte aber sein, dass unser Film in einer Fortsetzung weitererzählt wird. Das wäre schön, denn es war ein tolles Team, und so was findet man nicht so oft.



