24.01.2024 von SWYRL/Wilfried Geldner
Als am 24. Februar 2022 der Überfall auf die Ukraine beginnt, sind die Reporter Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka in Mariupol vor Ort. Um die Folgen der Bombenangriffe in der eingekesselten Stadt für die Außen- und Nachwelt zu dokumentieren, harrten sie 20 Tage aus. Ihr Film wurde inzwischen für einen Oscar in der Sparte "Dokumentarfilm" nominiert.
Als Putins Überfall auf die Ukraine beginnt, sind der Kameramann Mstyslav Chernov, der Fotograf Evgeniy Maloletka und die Produzentin Vasilisa Stepanenko von der US-Presseagentur Associated Press (AP) in Vorahnung des brutalen Geschehens bereits vor Ort. Sie wollen der Außenwelt nicht nur die Schrecken des Bombardements auf die eingekesselte Stadt überbringen, sondern auch in Spielfilmlänge die Wahrheit des Krieges vermitteln. Gedreht wurde teils unter Lebensgefahr. Ihr "ARD Dokumentarfilm: 20 Tage in Mariupol" zeigt die Opfer, die Toten und die Sterbenden. Vor der Grausamkeit der Bilder aus der bombardierten Stadt wird im Vorspann gewarnt. Besonders furchtbar sind die Bilder aus einem bombardierten Krankenhaus, in dem sie Unterschlupf fanden. Auch in der dortigen Entbindungsanstalt sterben die Mütter und ihre Kinder. "20 Tage in Mariupol" wurde inzwischen in der Kategorie "Bester Dokumentarfilm" für einen Academy Award nominiert. Die Oscar-Verleihung ist am 10. März in Los Angeles.
Alles, worüber dieser Film berichtet, ist auch zwei Jahre nach dem Beginn des Krieges noch immer aktuell. Zu Zeiten, da der Krieg in eine angebliche Pattsituation nach zigtausend Opfern an den Fronten geraten ist und da sich die Strategen um neue Hightech-Waffen bemühen, ist es sicher wichtig, das Leiden abseits der Talkshows und der eher trockenen Statements von Kriegswissenschaftlern hautnah zu zeigen. Unmittelbarer wurde wohl noch nie über das Leid der Menschen in der Ukraine, in diesem Fall der Einwohner von Mariupol, erinnert.
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Ab 12. Februar in der Mediathek
Die Bilder sind bei aller Härte nicht voyeuristisch oder spekulativ. Leichensäcke und Massengräber werden beschrieben, aber die Reporter nehmen bei aller Erschütterung auch Abstand vor den weinenden Menschen. Vor dem Vater, der die Tochter beweint, die im Krankenhaus nicht mehr gerettet werden kann, vor dem Jungen, der nach einem Granateneinschlag vergeblich nach dem Vater schreit.
Nach 20 Tagen wurde das Filmteam von ukrainischen Soldaten aus dem belagerten Krankenhaus befreit, in dem es Unterschlupf gefunden hatte. Die Angreifer suchten nach ihnen, es ging um ihr Leben. Sie waren die Letzten, die aus der bis heute besetzten und weitgehend zerstörten Hafen- und Universitätsstadt am Asowschen Meer berichten konnten. Die Bilder, die sie zeigen, legen ein nicht zu verwerfendes Zeugnis von der Verletzung der Menschenrechte ab. Dass die russische Seite bei den Opfern einmal mehr von "Schauspielerinnen" in gespielten Krankenhausszenen sprach, ist unter Propaganda-Aspekten allerdings nicht verwunderlich, es spricht im Grunde für sich.
"20 Tage in Mariupol" ist eine Produktion von PBS Frontline und Associated Press in Zusammenarbeit mit dem SWR, sie wurde bereits mehrfach ausgezeichnet. Der Film ist in voller Länge ab 12. Februar in der ARD-Mediathek zu sehen, am Montag, 19. Februar, 22.50 Uhr, wird er im Ersten linear ausgestrahlt. Ein knapp neunminütiger "Weltspiegel"-Beitrag vom März 2022 gibt erste Eindrücke von den Gräuel, die der Pulitzerpreisträger Mstyslav Chernov und Evgeniy Maloletka in der Hafenstadt mit der Kamera einfingen. "Mariupol wird zur Hölle auf Erden", heißt es da unter anderem.