Country- und Schlagersänger mit Haltung

Zum 80. Geburtstag von Gunter Gabriel: Für immer der Mann mit der Gitarre

11.06.2022 von SWYRL/Jasmin Herzog

Der "deutsche Johnny Cash" wäre Gunter Gabriel so gerne gewesen, ein Rebell und echtes Original war er zweifellos. Am Samstag wäre der 2017 verstorbene Country- und Schlagersänger 80 Jahre alt geworden. Ein gebürender Anlass, um auf das Leben der kantigen Type zurückzublicken.

Wo und wann immer man ihn auch antraf, Gunter Gabriel hatte seine Gitarre dabei und war nie um ein kleines Liedchen und eine lustige Anekdote verlegen. Der Mann mit der Klampfe und der rauen Stimme, der so gerne der "deutsche Johnny Cash" sein wollte, wurde auf seine eigene Weise zur Legende: als Original mit Haltung und jeder Menge Leben im Kreuz. Der Country- und Schlagersänger Gunter Gabriel, der so viele Stürme und Tiefen überstand, starb am 22. Juni 2017 im Alter von 75 Jahren in Hannover. Am Samstag, 11. Juni, wäre der Sänger, Komponist und Produzent 80 Jahre alt geworden.

Der Grund für sein Ableben sei ein Treppensturz am Vorabend seines Geburtstags gewesen. Das bestätigte die Agentur des Sängers damals gegenüber "Bild". "Auf einen diagnostizierten dreifachen Bruch des ersten Halswirbels folgten in den vergangenen Tagen drei Operationen in einem Hannoveraner Krankenhaus." Die Eingriffe waren zu viel für die Schlagerlegende. "Heute Vormittag hat das Herz eines großen Musikers aufgehört zu schlagen", so die Agentur weiter. Gabriel - der eigentlich Gunter Caspelherr hieß - war viermal verheiratet. Er hinterließ vier Kinder und drei Enkelkinder.

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"Was bleibt übrig, wenn ich mal abkratze?"

Eineinhalb Jahre vor seinem Tod machte Gunter Gabriel noch mit seiner Teilnahme beim "Dschungelcamp" auf sich aufmerksam. Im Interview gab er sich danach sehr nachdenklich und sprach auch über das Ende. "Im Camp musste ich ganz tief in mich reingehen, und plötzlich fragte ich mich 'Was war der Sinn deines Lebens, was hast du falsch, was richtig gemacht? Was bleibt übrig, wenn ich mal abkratze?' So weit habe ich bisher nie gedacht."

Was bleibt, ist die Erkenntnis, dass Gunter Gabriel wohl vor allem eines war: authentisch. Ein echter Kerl, ein kultiger Typ! Sah er sich selbst gerne als der deutsche Johnny Cash, wird er wohl hierzulande vor allem als kantiger Star mit klarer Haltung und eigener Meinung in Erinnerung bleiben. Indes: Eine respektable Musikkarriere hatte Gabriel natürlich schon vorzuweisen.

Aufgewachsen in Bünde und Kirchlengern lernte er schon früh, was es heißt, zäh sein zu müssen. Mit vier Jahren starb die Mutter, der Vater kümmerte sich von da an alleine um seine zwei Kinder. Um Geld zu verdienen, brach Gabriel - der durch den Namen von seiner Exfrau Gabriele zu seinem Künstlernamen kam - die Schule ab und schlug sich mit verschiedenen Gelegenheitsarbeiten durch. Als DJ kam er schließlich in Kontakt mit verschiedenen Künstlern und begann, für sie Songs zu schreiben - sein erstes Lied komponierte er für Rex Gildo, sein erster Hit war der Fernfahrersong "Er ist ein Kerl (Er fährt 'nen 30-Tonner Diesel)". Mit dem unvergessenen Gassenhauer "Hey Boss, ich brauch' mehr Geld" folgte dann der Durchbruch.

Wider die Obrigkeit

Doch auch der Absturz lauerte hinter der nächsten Biegung. Denn die Hits blieben aus, seine Ehen scheiterten, Gabriel suchte wie so viele die Erlösung im Alkohol. Mit Eskapaden, Schulden und diversen Pöbeleien lieferte Gabriel mehr als genug Stoff für die Boulevardblätter der Republik. Doch trotz allem: Gunter Gabriel und sein gerne eingesetzter Mittelfinger kehrten ins Rampenlicht zurück.

2009 brachte er das Album "Sohn aus dem Volk" heraus - eine Hommage an sein großes Vorbild Johnny Cash, auf das er auch oft in Interviews zu sprechen kam: "Der Stinkefinger ist ja gar kein Machofinger. Der Mittelfinger war, wie bei meinem Vorbild Johnny Cash auch, das Zeichen, gegen etwas zu sein." Ja, mit den Obrigkeiten hatte der Musiker immer schon so seine Probleme, er sei dagegen, dass man diese konsequent anerkennen muss, wie er freimütig gestand. "Deswegen bin ich auch ein paarmal vorbestraft, weil ich mich gegen die Polizei wehrte, als ich mich ungerecht behandelt fühlte."

In den letzten Jahren war es wieder etwas ruhiger um den Rebellen geworden. Er akzeptierte augenscheinlich die öffentliche Meinung über sich: "Ob und wie sich mein Image bei anderen Leuten ändert, habe ich nicht in der Hand", bemerkte der Sänger 2016 gleichmütig im Gespräch. Drei Jahre vor seinem Tod war Gabriel schon einmal mit selbigem in Berührung gekommen. Im Herbst 2014 erlitt er einen Schlaganfall. "Das war eine Warnung vom lieben Gott", sagte er damals.

Olli Schulz, Fynn Kliemann und der Geist Gabriels

Trotzdem nahm er zwei Jahre später bei "Ich bin ein Star - Holt mich hier raus!" teil. Bei RTL hatte man, wie Gabriel schilderte, "lange gebaggert", dass er fürs Dschungelcamp 2016 zusagte. Am fünften Dschungeltag allerdings zog er bereits wieder aus. Im Camp sprach der Musiker davon, dass morgens die "dunklen Gedanken" kämen. Am letzten Tag im Dschungel war da vor allem ein Gefühl, wie er bekannte: die Angst davor, die nächste Nacht nicht zu überleben. Der ärgste Feind schlummert eben oft in einem selbst. "Am meisten habe ich mich selbst genervt. Das ist ganz klar. Erst die Psyche, dann der Körper."

20 Jahre lang lebte Gabriel auf dem DDR-Arbeiterschiff Magdeburg, welches er 1995 für 80.000 Mark erwarb. Nach seinem Tod kauften Sänger und Entertainer Olli Schulz sowie Unternehmer Fynn Kliemann das Hausboot mit dem Ziel, es nach der Kernsanierung für kulturelle Zwecke anzubieten und zu vermieten. Aus diesem mühevollen Projekt entstand die vierteilige Netflix-Doku "Das Hausboot". Darin wird auch der "Geist von Gunter Gabriel" bemüht. Die Hinterlassenschaften auf dem Schiff erschienen genauso chaotisch und interessant wie sein Leben.

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