A Better Place - Mi. 22.01. - ARD: 20.15 Uhr

Wie wäre es, wenn wir Gefängnisse abschaffen?

10.01.2025 von SWYRL/Eric Leimann

Die achtteilige Serie "A Better Place" folgt einem Gedankenexperiment: Was würde geschehen, wenn wir alle Gefängnisse schließen versuchen würden, alle Straftäter innerhalb der Gesellschaft zu resozialisieren? Im fiktiven Rheinstadt startet ein entsprechender Modellversuch. Wie wird er ausgehen?

Was würde passieren, wenn man die Gefängnisse schließen und all ihre Insassen entlassen würde? Natürlich begleitet von Therapiemaßnahmen und staatlicher Überwachung durch Sozialarbeiter und Co.? In der achtteiligen Serie "A Better Place" (ab 10. Januar in der ARD-Mediathek), deren Episoden eins und zwei das Erste zur besten Sendezeit zeigt (Fortsetzung am Freitag, 24. Januar, 22.20 Uhr), wird dieses Gedankenspiel im fiktiven Rheinstadt Realität. Von einem auf den anderen Tag schließen die Gefängnisse, und das Projekt "Trust" entlässt alle Delinquenten in die Freiheit. Die Idee der Programm-Chefs, Kriminologin und Wissenschaftlerin Petra Schach (Maria Hofstätter) sowie des jungen Bürgermeisters Amir Kaan (Steven Sowah) fußt auf der Erkenntnis, dass die traditionelle Idee von Strafe über Haft und Gefängnis bisher in keiner Gesellschaft der Erdgeschichte so richtig erfolgreich war.

Gefängnisse machen Menschen in der Regel nur noch krimineller und gesellschaftsfeindlicher, lautet das traurige Fazit jahrzehnte-, wenn nicht jahrhundertelanger Forschung. So kommt es, dass sich in Rheinstadt - gedreht wurde vor allem in Mönchengladbach und Leverkusen - bald viele Verurteilte auf freiem Fuß befinden: Klaus Bäumer (Richard Sammel), Neonazi und verurteilter Mörder, ist verantwortlich für den Tod des Sohnes einer türkischstämmigen Frau (Alev Irmak). Sie blickt mit Entsetzen auf das "Trust"-Programm und schließt sich einer Protestbewegung an. Straftäter Mark (Johannes Kienast) ist wieder bei seiner Frau Eva (Katharina Schüttler) und den beiden Kindern eingezogen. Noch fehlt es an gegenseitigem Vertrauen. Kann es wieder so werden wie früher? Der entlassene Sexualtäter Jens (Ulrich Brandhoff) hat Angst vor sich selbst - aber auch vor Menschen, die von seinem Delikt erfahren könnten.

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Hohe Rückfallquoten bei traditioneller Bestrafung

Dann wären da noch die Geschwister Yara (Aysima Ergün) und Nader (Youness Aabbaz). Sie verkörpern vielleicht am besten zwei Pole des Serien-Gedankenspiels. Während er - aus der Haft entlassen - ein gesetzeskonformes Leben anstrebt und in einem Autohaus zu arbeiten beginnt, nutzt sie die liberale Gesetzeslage aus, um ungehindert Straftaten begehen zu können. Neben den genannten Rollen gibt es in der achtmal 45 Minuten lange Serie weitere Charaktere, die sich mit der Resozialisation der Straftäter abmühen, gegen Windmühlen sowie gegen echte und wutbürgerliche Vorurteile kämpfen und die vielleicht auch hier und da Erfolge erzielen.

Die Showrunner und Autoren Alexander Lindh und Laurent Mercier haben sich für ihre Serie intensiv mit dem amerikanischen Justizsystem auseinandergesetzt. Die USA ist ein Land, in dem die Gefängnisse überlaufen sind und dessen Bestrafungssystem offenbar nur das Gegenteil dessen bewirkt, was es soll. Die nationale Rückfallquote in den USA liegt bei etwa 67,5 Prozent. Bei mehr als zwei von drei Personen hat die Strafe also "nichts gebracht".

In Deutschland sieht es nicht gut, aber wenigstens etwas besser aus. Die Rückfallquote verurteilter Straftäter nach sechs Jahren liegt bei 44 Prozent (Jugendliche: 50 Prozent). Immer noch eine recht hohe Zahl, die einen über alternative Methoden nachdenken lassen sollte. Die Serie (Regie: Anne Zora Berrached und Konstantin Bock) tut dies mit angenehm realistischen Figuren und dem authentisch grauen Look einer deutschen Stadt im Ruhrgebiet. Konflikte, die in der Serie verhandelt werden, bewegen sich in den Spannungsfeldern: Vertrauen vs. Misstrauen, Schuld und Sühne sowie Gerechtigkeitsempfinden und Korruption. Dabei entsprechen die Titel der Folgen wie "Stadt ohne Knast" oder "Böse Menschen gibt es nicht" schlagwortartig jenen Thesen, die in der interessanten und nahe an den Charakteren erzählten Serie verhandelt werden. Noch kann man nicht verraten, wie das "Trust"-Programm der Rheinstädter ausgeht. Über die Serie "A Better Place" darf man jedoch sagen: Dieses Experiment ist geglückt.

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