"Dokumentarfilm im Ersten: Höhenflüge"

Von wegen "Rennpferd des kleinen Mannes": Brieftauben zwischen nettem Hobby und großem Geschäft

07.04.2021 von SWYRL/Elisa Eberle

Brieftauben sind weit mehr als ein einfaches Hobby: Welches millionenschwere Geschäft sich um den Taubensport rankt, zeigt ein sehenswerter "Dokumentarfilm im Ersten", der am heutigen Mittwoch, 7. April, um 22.50 Uhr, ausgestrahlt wird.

Brieftauben verbinden viele vermutlich mit alten Filmen oder Märchen. Die Tatsache, dass die gefiederten Freunde heute mithin auch Bestandteil eines äußerst lukrativen Geschäfts sind, dürfte hingegen eher wenigen Menschen bewusst sein. Doch um eben jenen Taubensport, der sogar eine eigene "Olympiade" vorweisen kann, geht es in dem ungewöhnlichen "Dokumentarfilm im Ersten: Höhenflüge", der am Mittwoch, 7. April, 22.50, in der ARD läuft.

Die mit dem Grimme-Preis ausgezeichnete baden-württembergische Filmemacherin Lena Leonhardt ("Hundesoldaten") begleitet in ihrem Beitrag drei Protagonisten, die den Tauben ihr ganzes Leben verschrieben haben: Da wäre zunächst die Fabrikarbeiterin Uschi, die den Taubensport seit vielen Jahren als Hobby betreibt. Für sie, so wird schnell klar, sind die Tauben nicht nur irgendwelche Zuchttiere. Vielmehr sind sie so etwas wie Familienangehörige, Lebewesen, die sie in- und auswendig kennt: "Für mich ist das keine Maschine", erklärt sie im Film. "Wenn ich sehe, die Taube kann nicht mehr, dann bleibt sie zu Hause, egal wie viele Preise sie hat und wo sie stehen könnte."

Abonniere unseren Newsletter und wir versprechen, deine Mailadresse nur dafür zu verwenden.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Das "Rennpferd des kleinen Mannes"

Ähnlich sieht es auch Walter, der als Jurist und Hobby-Taubenzüchter in der Nähe von Düsseldorf lebt. Wie viele Menschen im Ruhrgebiet fühlt auch er sich seit seiner frühen Kindheit mit dem Taubensport verbunden. Seine Eltern, so verrät er, lernten sich gar über das gemeinsame Hobby kennen. Daher weiß er auch um den besonderen Wert, den eine Brieftaube einst hatte: Sie galt als das "Rennpferd des kleinen Mannes" und gehörte in den Pott - genau wie der Bergbau, Fußball oder all die Schrebergartenkolonien. "Wenn man eine Taube hatte, dann hatte man auch Respekt", erklärt der Mann in dem Film.

Heute wird das einstige Hobby allerdings immer weiter in den Hintergrund gedrängt, was nicht zuletzt mit Großinvestoren wie Andreas Drapa zu tun hat: Auch er ist ein zufriedener Taubenzüchter - nur auf einem ganz anderen Niveau. Mit dem professionalisierten Taubensport hat sich der gelernte Fliesenleger in den vergangenen Jahren einen millionenschweren Besitz erarbeitet. Heute, so erklärt er stolz, bekomme er Anfragen aus der ganzen Welt, darunter allen voran von Kunden aus China und Dubai.

Prädikat "besonders wertvoll"

Gerade das Reich der Mitte, so erfährt man, zeige großes Interesse an Wetten auf Taubenrennen. Die Bedingungen dort, erklärt Drapa, seien mit jenen in Europa nicht zu vergleichen. Deshalb, so schätzt er, werde es in vielen europäischen Regionen in wenigen Jahren überhaupt keinen Taubensport mehr geben. Die Konkurrenz sei einfach zu groß.

Anhand dieser drei Beispiele stellt der rund 90-minütige Dokumentarfilm zwei auf den ersten Blick vollkommen konträre Welten gegeneinander: Die Tradition und Heimatverbundenheit auf der einen Seite und der vom Profit geprägte Kapitalismus auf der anderen. Denn, ja, auch "Taubensport" hat heutzutage manchmal mit Globalisierung zu tun.

Das Ganze geschieht vollkommen unkommentiert und in Kombination mit einigen beeindruckenden Luftaufnahmen und inszenatorischen Kniffen, welche dem Film das Prädikat "besonders wertvoll" der Deutschen Film- und Medienbewertung FBW einbrachten: "Nach Abwägung aller Argumente zeichnet die Jury den Film aufgrund seiner eindeutigen inszenatorischen und erzählerischen Stärken mit dem Prädikat 'wertvoll' aus", heißt es in der entsprechenden Erklärung.

"Höhenflüge" sei "mehr als ein Film über ein Hobby im Wandel der Zeit", lässt die ARD zu diesem durchaus kuriosen Programm wissen. "Es ist ein Zeichen der Zeit, ein Film über Tradition und Heimat im Zeitalter der Gier und des Ehrgeizes - über einen Wettkampf, in dem die Zahl der Verlierer immer mehr zunimmt, während die wenigen Gewinner immer höher fliegen."

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL