The Ordinaries - Di. 13.08. - ZDF: 23.15 Uhr

Das ganze Leben ist ein Film

11.08.2024 von SWYRL/Tobias Köberlein

Sophie Linnenbaums Uni-Abschlussfilm "The Ordinaries" spielt in einer Parallelwelt, die komplett aus filmischen Kategorien aufgebaut ist. Das ZDF zeigt das arg verkopfte Debüt im Rahmen seiner Reihe "Shooting Stars - Junges Kino im Zweiten".

Schon außergewöhnlich, dass ein Langfilmdebüt einer Filmhochschulstudentin mit Lorbeeren und Preisen überhäuft wird. Der gebürtigen Nürnbergerin Sophie Linnenbaum, Absolventin der Filmuniversität Babelsberg, ist genau das gelungen. Ihr ambitioniertes Drama "The Ordinaries" entstand als Abschlussarbeit und erlebte seine Premiere 2022 auf dem Filmfest München. Es folgten Aufführungen bei mehreren kleineren Festivals und Auszeichnungen wie der Förderpreis Neues Deutsches Kino und der New Faces Award als bester Debütfilm.

Das Setting von "The Ordinaries" ist fraglos originell. Linnenbaum siedelt ihr dystopisches Drama in einem Paralleluniversum an, das ausschließlich vom Filmfiguren bevölkert wird. Das Filmset wird zum Abbild einer Welt, die sozial streng hierarchisiert ist und von einer unbestimmt bleibenden totalitären Macht beherrscht wird. Ganz oben stehen die Hauptfiguren. Sie leben in palastartigen Domizilen und blicken auf die Nebenfiguren herab, die in düsteren, engen Plattenbauten hausen. Außerhalb der Gesellschaft vegetieren wiederum die sogenannten "Outtakes" - als Filmfehler verschiedenster Art wurden sie aus der Storyline herausgeschnitten und fristen ihr Dasein in einer Art Getto, das optisch an einen Londoner Slum in einem Roman von Charles Dickens erinnert.

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Ein Film voller Verweise auf die Kinogeschichte

Auftritt Paula (Fine Sendel). Als Tochter einer Nebenfigur (gespielt vom Berliner Theater-Liebling Jule Böwe) ist ihr eigentlich eine eher freudlose Zukunft beschieden. Allerdings sei ihr Vater eine strahlende Hauptfigur gewesen, wie ihr die Mutter versichert. Wie ihre beste Freundin Hannah (Sira Faal) darf sie deshalb die Schule für Hauptfiguren besuchen. Um ihren Abschluss zu schaffen, muss sie allerdings Zugang zu tiefen Emotionen gewinnen und diese in die passende Filmmusik verwandeln - eine Aufgabe, an der sie trotz eines eingepflanzten "Herzlesers" scheitert. Darüber hinaus kommen ihre Zweifel, ob ihr Vater wirklich der Filmheld gewesen ist, als den ihn ihre Mutter beschrieben hat. Um das herauszufinden, muss sich Paula unter anderem ins Getto der Outtakes begeben.

Wer sich nicht auf Linnenbaums Film-Metaphorik einlassen will, hat als Zuschauer verloren, wird "The Ordinaries" als verquastes Kopfkino abtun und sich am filmtheoretischen Strebertum der Regisseurin stoßen. Tatsächlich steckt "The Ordinaries" voller Verweise auf die Kino- und Fernsehgeschichte der letzten Jahrzehnte. Wie Emma Stone und Ryan Gosling in "La La Land" tanzen und singen sich die "Hauptfiguren" durch ihre Storyline, wenn sie ihre Emotionen ausdrücken. Die triste Welt der Nebenfiguren mit ihrem Grauschleier erinnert wiederum an Serien wie "The Handmaid's Tale". Dazu kommt eine aufgesetzt wirkende Kritik am gesellschaftlichen Klassismus, die im melodramatischen Finale ad absurdum geführt wird.

Visuelle Spielereien mit Jump Cuts, Split Screens und verpixelten Mündern täuschen nicht darüber hinweg, dass der Plot von "The Ordinaries" recht dürftig geraten ist, sich die Charaktere so gut wie gar nicht entwickeln und beim Zuschauer kaum Empathie wecken. Fast zwei Stunden lang schleppt sich der Film dem Ende entgegen. Ein paar Schnitte an den richtigen Stellen wären nicht verkehrt gewesen.

Als nächster Film der Reihe "Shooting Stars" läuft am Montag, 19. August (0.30 Uhr), die schwarze Komödie "Karigula - Monster der Liebe".

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