TV-Doku über Network-Marketing

Schnelles Geld im Netz? Wie dubiose Firmen mit leeren Versprechen locken

12.05.2022 von SWYRL/Maximilian Haase

Schnell auf Social-Media-Plattformen Geld verdienen? Das versprechen Network-Marketing-Firmen - bisweilen mit Geschäftsmodellen am Rande der Illegalität. Eine TV-Dokumentation deckt die Machenschaften nun auf.

Das Internet verspricht viel, von Information über Unterhaltung und Austausch bis zur Befriedigung sonstiger Bedürfnisse. An mancher Ecke lockt es aber vor allem mit dem schnellen Geld. Prädestiniert hierfür sind die sozialen Netzwerke, in denen sogenannte Network-Marketing-Firmen allerlei monetäre Verlockungen anpreisen. Dass sich manche dabei in rechtliche Grauzonen begeben, zeigt nun eine sehenswerte ZDFinfo-Dokumentation, in der die dubiosen Machenschaften aufgedeckt werden. Der Film unter dem Titel "Schnell online Geld verdienen - Influencer, Netzwerke und leere Versprechen" (Donnerstag, 12. Mai, 20.15 Uhr) legt offen, wie Firmen vom großen Glück und Geld schwadronieren - und sich dabei nicht selten am Rande der Legalität bewegen.

Doch worum geht es dabei genau? Network-Marketing unterscheidet sich vom altbekannten direkten Vertrieb darin, dass Kunden zu selbständigen Vertriebspartnern gemacht werden, die wiederum neue Kunden werben sollen. Die Produkte gibt es nur über persönliche Empfehlungen: Wer neue Kunden wirbt, erhält Provision.

Die dahinterstehenden Versprechen sind glänzend, wie der Film von Christoph Brügmann und Nera Smiljanic analysiert: Als Vertriebspartner werden die Angeworbenen zu Influencern auf den gängigen Social-Media-Kanälen von Facebook bis Instagram - und mit flexiblen Arbeitszeiten, leicht verdientem Geld und einem Leben voller Zufriedenheit gelockt. Die attraktiven Aussichten tragen die Rekrutierten an potenzielle neue Mitglieder weiter. Eine Kette von (meist leeren) Versprechungen entsteht.

Dabei können Firmen über Social Media nun Menschen ansprechen, die sie sonst nicht erreicht hätten. Das geschieht vor allem über die relativ neue "Tätigkeit" der Influencer, die auf TikTok, YouTube und Co. die Früchte ihres Network-Marketings zeigen: Dicke Karren, fette Villen, schillernde Partys und Reisen an exotische Orte - in überaus peinlich wirkenden Videos sorgen die meist männlichen Anwerber beim objektiven erwachsenen Zuschauer eher für Fremdscham: "Wenn wir das alle können, dann du auch", lockt ein Motivationscoach-Typ in einem Video; andere organisieren gigantische Veranstaltungen für ihre "Mitglieder".

Und doch scheint es zu funktionieren: "In dieser Vorbildfunktion sind sie ideal, um zu werben für Network Marketing", analysiert Claudia Groß von der Nijmegen School of Management im Interview die Influencer. "In Verkaufsgesprächen wird das Blaue vom Himmel versprochen. Und leider wird zu wenig gehaftet, für das, was versprochen wird".

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"Wenn euch so etwas erzählt wird, seid lieber skeptisch"

Egal ob es um Cashbackkarten geht oder um Nahrungsergänzungsmittel: Verkauft wird das Geschäftsmodell als überaus lukrativ; jeder soll vom Erfolg profitieren - natürlich erst, nachdem man sogenannte "Startersets" erworben hat. In Wirklichkeit, so zeigt die Doku im Gespräch mit Experten und Betroffenen, verlieren die meisten der geworbenen "Mitglieder" viel Geld. Schuld ist vor allem die Unternehmensstruktur: Weil die Mitglieder selbständig sind, so Claudia Groß, hätten die Unternehmen immer die Möglichkeit zu sagen: "Da hat sich jemand nicht an unsere Verhaltensregeln gehalten!" Die Expertin sagt: "Was auf dem Papier steht, klingt ganz gut und ist rechtlich einwandfrei - was aber tatsächlich geschieht, ist etwas ganz anderes".

Auch wenn Network-Marketing prinzipiell legal ist, bewegen sich manche der Unternehmen am Rande der illegalen progressiven Kundenwerbung, wie der Film zeigt. Illegal sei ein solches System immer dann, wenn die Anwerbung neuer Mitglieder im Vordergrund stehe, erklärt Karolina Wojtal vom Europäischen Verbraucherzentrum - dabei geht vor allem um verbotene "Pyramidensysteme".

"Sie treiben dich dazu, Leute zu suchen, davon profitiert einfach jeder mehr", erläutert ein Betroffener im Interview die Geschäftspraktiken der Firmen, die sich meist offiziell juristisch absichern und die Legalität ihrer Unternehmung in einer Art "Freibrief" bescheinigen lassen. Mitglieder, die sich nicht daran halten, würde man einfach als "Schwarze Schafe" interpretieren.

"Leider gibt es so viele Schwarze Schafe", so Claudia Groß, "dass doch deutlich ist, dass eigentlich das System das Problem ist". Eindrücklich zeigt die Doku auf, dass die Behörden in Deutschland so gut wie keine Einblicke und kaum Kontrolle darüber haben, wie das Geschäftsmodell ausgenutzt wird. "Gegen fragwürdige Network-Marketing-Praktiken ist wohl einfach kein Kraut gewachsen", heißt es in der Doku lapidar. Der Film schließt mit einem Tipp, den man wohl berücksichtigen sollte: "Geld, Freiheit, Glück - und das ohne viel Arbeit. Ganz im Ernst: Wenn euch so etwas erzählt wird, seid lieber skeptisch."

Die ZDFinfo-Dokumentation "Schnell online Geld verdienen: Influencer, Netzwerke und leere Versprechen" ist am Donnerstag, 12. Mai, 20.15 Uhr, bei ZDFinfo im Programm. In der ZDFmediathek ist der Film von Christoph Brügmann und Nera Smiljanic zwei Jahre lang verfügbar.

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