Musik-Dramedy bei Disney+

HipHop-Serie "Queens": Rapperinnen, die in die Jahre kommen

16.01.2022 von SWYRL/Eric Leimann

"Queens" auf Disney+ erzählt von vier Frauen in den Vierzigern, die vor 20 Jahren als HipHop-Girlgroup Karriere machten - ehe alles in Streit, Niedergang und bürgerlichem Alltag endete. Vor allem wegen des grandiosen Soundtracks und echten R'n'B-Stars wie Eve und Brandy ist die Serie ein Hit.

Zu Beginn - und immer wieder zwischendurch - holt einen die Serie "Queens" (ab Dienstag, 19. Januar, 13 Episoden) ins gute alte MTV-Rap-Zeitalter zurück. Da schwingen die "Nasty Bitches" ihre knapp bekleideten Leiber am Swimming Pool zu coolen Beats. Im Hintergrund sorgen in den Himmel aufsteigende Feuer-Säulen und überfliegende Helikopter für sinnfreien Production Value. Ja, diese vier schwarzen Frauen, von denen die Serie erzählt, thronten um den Jahrtausendwechsel herum mal ganz oben im Musicbiz. Damals, als man (gerade noch) MTV schaute, um neue Videos zu sehen und diese kleinen silbernen Dinger namens CDs kaufte. Gut 20 Jahre nach dem unrühmlichen Ende der "Nasty Bitches", das per Bühnen-Eklat während einer Live-Show besiegelt wurde, haben sich die Frauen in sehr unterschiedliche, mehr oder weniger bürgerliche Leben eingegliedert. Die neue Hip-Hop-Serie von Disney+ startet mit einer Doppelfolge, danach bietet der Streamingdienst jeden Dienstag eine weitere neue Episode an.

Brianna, früher "Professor Sex", und (toll) gespielt von der Rapperin Eve, hat mit ihrem Mann fünf Kinder und einen akademischen Ivy League-Titel. Naomi alias "Xplicit Lyrics", verkörpert von Brandy, versucht es immer noch erfolglos als Singer-Songwriterin. Zu ihrer halbwüchsigen Tochter, die bei der Großmutter aufwächst, besteht kaum Kontakt. Jill, aka "Da Thrill", von Naturi Naughton gespielt, lebt in einer strengen, christlichen Gemeinschaft und versucht seit Jahren erfolglos, mit ihrem Mann Kinder zu bekommen. Tatsächlich liebt sie jedoch eine Frau. Schließlich wäre da noch TV-Moderatorin und Talk-Host Valeria alias "Butter Pecan", verkörpert von Nadine Velazquez. Valeria wurde schon damals nicht so sehr wegen ihrer Rap-Skills, sondern aus optisch-strategischen Gründen in die Gruppe mitaufgenommen.

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Lasst uns die alte Band wieder zusammenbringen ...

Als die in die Jahre gekommene Rap-Girlgroup von ihrem alten Manager (Taylor Selé) wegen eines Retro-Auftritts im Rahmen einer großen Award-Gala angesprochen werden, befinden sich die Leben der Frauen allesamt ein wenig in der Krise. Also sagt man "ja,", auch wenn alte Wunden noch ein wenig nässen und ein paar Gräben zu schließen sind. Doch der Comeback-Auftritt wird zum Triumph, weshalb man mit der jungen Rapperin Lil Muffin (Pepi Sonuga), einer höchst labilen Drogen-Konsumentin, auf Welttournee geschickt wird.

Der schwarze Autor und Showrunner Zahir McGhee, bisher durch Mitarbeit an Serien wie "Stumptown" und vor allem "Scandal" bekannt, wollte mit der Serie seine Begeisterung für den HipHop und R'n'B der späten 90-ern und rund um den Millenniumswechsel in Szene setzen. Mit damaligen Superstars wie Eve, die 1999 mit ihrem Debütalbum als erste Rapperin Platz eins der Billboard-Charts erreichte, oder Brandy, die während der 90-er vor allem als Sängerin extrem eleganter R'n'B-Alben von Kritik und Publikum gefeiert wurde, sind zwei echte Superstars von damals mit an Bord, die zudem auch schauspielern können.

Auch Musikerin und Schauspielerin Naturi Naughton ist eine versierte Rapperin, während das ehemalige Model Nadine Velazquez einen Typus Frau spielt, der auch immer wieder mal wieder im "Rap Game" mitmischte: eine Schönheit, deren klassische Rap-Skills begrenzt sind, und die auch deshalb immer wieder mal angefeindet wird.

Frauen über 40, die rappen wie Hölle

Enorm stark ist "Queens" immer dann, wenn Musik gemacht wird. Sei es, bei den wirklich "fett" und authentisch produzierten Auftritten der Nasty Bitches oder auch bei privaten Rap Battles zwischen Eve und Brandy (die in der Serie beweist, dass sie als Rapperin genauso talentiert ist wie mit ihrer wunderbaren Soulstimme) oder auch in Musical-haften Einlagen, wenn ehemalige Liebhaber oder Manager einen klärenden Song an die männliche Midlife-Crisis Brust geschmettert bekommen. Im Großen und Ganzen behält "Queens" jedoch die Trennung zwischen der oft etwas soapartigen Spielhandlung und den grandiosen Musikszenen in einer Form aufrecht, dass man nicht von einem echten Musical, sondern doch eher von einer Dramedy mit vielen Musik-Einlagen sprechen kann.

Die reizvolle Grundidee der Serie liegt auch im nostalgischen "Kinder, wie die Zeit vergeht"-Gedanken begründet: Ist es wirklich schon 20, 25 Jahre her, dass Musikerinnen wie Eve und Brandy die Charts durchmischten und bei MTV auf "Heavy Rotation" liefen? Jüngere Zuschauer können in der Serie lernen, dass Frauen über 40 rappen können wie Hölle und dass die Zeit vor 20, 25 Jahren bei all ihrer Video-Gigantomanie und den stark penetrierten Rollen-Klischees dennoch auch eine goldene kreative Ära schwarzer Musik war, die Frauen im Rap erstmals eigene Aufstiegsmöglichkeiten und eine (Front)-Stimme gab.

Wer eine historische Aufarbeitung der Rapgeschichte oder gar eine tiefgründige Dramaserie erwartet, wird bei "Queens" nicht auf seine Kosten kommen. Dazu ist die Serie - trotz des ein oder anderen gelungen Music Biz-, Rassismus- und Gender-Gags - ein wenig zu flach geraten. In Sachen Musik und dem Abfeiern großartiger "Women in Rap"-Charaktere ist Disney+ allerdings durchaus ein großer Wurf geglückt.

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