Ehemaliger Bundesfinanzminister

Peer Steinbrück bei "Markus Lanz": "Bin froh, dass im Kanzleramt kein Cowboy sitzt"

07.10.2022 von SWYRL

Als Bundesfinanzminister erlebte Peer Steinbrück die Finanzkrise 2008. Für das derzeitige Krisenmanagement der Ampelkoalition fand er bei "Markus Lanz" (ZDF) sowohl lobende als auch kritische Worte.

Für seinen Führungsstil wurde Olaf Scholz in den vergangenen Monaten oft kritisiert: Der Bundeskanzler sei ein Zauderer, hieß es bisweilen, manche bezeichneten ihn gar als den schwächsten Kanzler aller Zeiten. Rückendeckung erhielt der SPD-Politiker nun von seinem Parteikollegen Peer Steinbrück, der am Donnerstagabend neben der Politologin und Russland-Expertin Sarah Pagung sowie dem Chefredakteur von "Media Pioneer", Michael Bröcker, bei "Markus Lanz" im ZDF zu Gast war.

Die momentane Situation, ausgelöst durch den Angriff Russlands auf die Ukraine, sei "wahrscheinlich die schwerste und tiefgreifendste Herausforderung in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland", sagte Steinbrück, der während der Finanzkrise 2008 Bundesfinanzminister war.

Er sei dankbar angesichts der Besonnenheit von Olaf Scholz, fuhr Steinbrück fort: "Denn die Risiken, die da noch im Hintergrund zu lauern scheinen, mit Blick auf jemanden, der die Eskalationsschraube immer weiter anzieht, führen bei mir dazu, dass ich ganz froh bin, wenn im Bundeskanzleramt kein Hitzkopf, kein Cowboy, kein Mann sitzt, der sich besonders aufspielt, und keiner, der nationale Alleingänge macht, sondern einer, der sich der Risiken über die weitere Entwicklung bewusst ist."

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Steinbrück über die "Zeitenwende": "Ich würde eher von 'Zeitenbruch' reden"

Deutschland erlebe derzeit die wohl schwerste Herausforderung seit der Wiedervereinigung, fügte er hinzu. Das belaste auch die derzeitige Bundesregierung: "Die Regierung ist hochgradig im Stress, und man muss ihr auch Irrtümer zubilligen in dieser Situation, die wir so noch nie erlebt haben", sagte Steinbrück.

Doch der frühere SPD-Kanzlerkandidat übte auch Kritik: Die Ampelkoalition sei oft zu vielschichtig und parteipolitisch: "Eine Regierung muss staatspolitisch auftreten, auch wenn sie aus drei Parteien besteht", forderte er. Auch den von Olaf Scholz geprägten Begriff der "Zeitenwende" fand er nicht treffend gewählt: "Ich würde eher von einem 'Zeitenbruch' reden." Putin sei ein Kriegsverbrecher, der den Westen mit der Energiewaffe erpresse und mit Nuklearwaffen drohe.

Russland-Analystin fürchtet keine nukleare Eskalation

Deutschland befinde sich zwar nicht im Krieg, dennoch müsse die Regierung besser erklären, was der Zeitenbruch bedeute: "Wir haben zu begreifen, dass wir aus einer lange gepflegten Bequemlichkeit und Leichtigkeit langsam mal aufwachen müssen", forderte der 75-Jährige. Jeder Staatsbürger müsse einen persönlichen Beitrag dazu leisten.

Was die Weiterentwicklung des Ukraine-Kriegs angeht, zeigte sich Steinbrück besorgt: Putin werde eine Niederlage nicht akzeptieren. Die Russland-Analystin Sarah Pagung fürchtet hingegen keine nukleare Eskalation: "Das würde Russland international weiter isolieren, auch gegenüber anderen Atommächten wie China, die kein Interesse am Absenken der nuklearen Hemmschwelle haben." Insgesamt sieht sie Chancen, dass die Ukraine den Krieg gewinnen könnte.

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