"Morin" - Mi. 22.11. - ARD: 20.15 Uhr

Zukunftskitsch im Ersten

19.11.2023 von SWYRL/Franziska Wenzlick

BR und ARD Degeto wagen einen Blick in die Zukunft, die im Drama "Morin" nur auf den ersten Blick rosig scheint.

Durchsichtige Smartphones, munter plaudernde Saugroboter und Getränke direkt aus dem Reagenzglas: An Zukunftskitsch mangelt es dem Near-Future-Drama "Morin" wahrhaftig nicht. Glaubt man den Machern, wurden Videotelefonate bereits im Jahr 2037 von "Holo-Meetings" verdrängt und KI-Modelle so weit ausgebaut, dass sie als Hologramme in humanoider Form quasi nicht mehr von realen Personen zu unterscheiden sind.

So fantastisch-futuristisch, wie die neue Welt auf den ersten Blick erscheint, ist sie letzten Endes natürlich nicht. Künstliche Intelligenz, daran lässt der neue FilmMittwoch im Ersten keinen Zweifel, birgt ebenso viele Risiken, wie sie Vorteile hat. Zu spüren bekommt dies auch der elfjährige Morin (Leo Alonso-Kallscheuer), der zu Beginn der Geschichte den Aufnahmetest an einer "Kids Academy", einer Art Elite-Universität für Kinder, besteht. Dort soll der intelligente Schüler zum Weltraumforscher ausgebildet werden.

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Weder Fisch noch Fleisch

Lange dauert es nicht, bis Morin sich vom Leistungsdruck und den unlauteren Methoden der Akademie korrumpieren lässt. Fast schon gebetsmühlenartig warnt der Film vor den Gefahren des technischen Fortschritts: Morin wird in der Schule dauerüberwacht, sein Vater Steven (Frederic Linkemann) im Beruf durch eine KI ersetzt und Mutter Katja (Marlene Morreis) von einer jüngeren Kollegin ausgebootet, die sich im Umgang mit den neuen Technologien besser schlägt.

Angesichts des dauerhaft erhobenen Zeigefingers in Richtung Digitalisierung überrascht es, dass der Sender die gemeinsame Produktion von BR und ARD Degeto vorrangig als einen Film "über unser Bildungs- und Wertesystem und die Frage, was uns unsere Kinder wert sind" bewirbt.

"Morin" ist weder Fisch noch Fleisch: Als Familiendrama hält sich der Film zu lange mit Schreckensvisionen einer KI-Übermacht auf. Als Science-Fiction geht das jüngste und durchaus ambitionierte Werk der Regisseurin und Autorin Almut Getto ("Der letzte Mensch") aber auch nicht durch - dafür bleibt der Film, der vor allem durch die schauspielerische Leistung der drei Protagonisten überzeugt, bis zuletzt zu oberflächlich.

Filmemacher Christian Görlitz starb noch vor Beginn der Dreharbeiten

Das Drehbuch entstand zunächst in Zusammenarbeit mit dem preisgekrönten Filmemacher Christian Görlitz ("Sieben Stunden"), der auch die Regie übernehmen sollte. Görlitz erkrankte kurz vor Beginn der Dreharbeiten schwer und verstarb bereits wenige Monate später im Alter von 77 Jahren im Januar 2022.

"Seine Art, sich Themen zu nähern, Figuren zu befragen und sich regelrecht für sie zu begeistern, war ansteckend", sagt BR-Redakteurin Claudia Simionescu über die Zusammenarbeit mit dem Grimme-Preisträger. Nach Görlitz' Tod traten Almut Getto (Buch und Regie) und Hans-Ullrich Krause (Buch) an dessen Stelle.

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