ZDFzeit: Mensch Gysi! Grenzgänger zwischen Ost und West - Di. 28.06. - ZDF: 20.15 Uhr

Mit Charme und scharfer Klinge

26.06.2022 von SWYRL/Wilfried Geldner

Zur Wendezeit hielt er eine begeisternde Rede auf dem Alexanderplatz, wurde danach langjähriger Vorsitzender der SED-Nachfolgerin PDS und trat für die Nichtverfolgung von Stasi-Mitarbeitern ein. Heute wendet sich der begnadete Rhetoriker Gregor Gysi gegen Waffenlieferungen an die Ukraine.

Nun polarisiert er wieder. Einst einer der wenigen freien Rechtsanwälte in der DDR, wurde der nunmehr 74-jährige Gregor Gysi im Dezember 1989 zum letzten Parteivorsitzenden der SED sowie zum langjährigen Vorsitzenden der Nachfolgerin PDS gewählt. Gysi wandte sich gegen die Verfolgung von Stasi-Mitarbeitern, ihm selbst wurde immer wieder erfolglos die Zusammenarbeit mit der Staatssicherheit unterstellt. Dass er auch das Parteivermögen der PDS erfolgreich bewahren wollte, machte ihm im Westen keine Freunde. Doch der blendende Rhetoriker und kleinwüchsige Charmeur blieb bis heute ein Medienstar. "Ich war ja parlamentarisch immer Außenseiter, da habe ich mir meine öffentliche Redezeit eben im Fernsehen geholt", sagt er im "ZDFzeit"-Film von Christian Bock.

Gysi versteht es, mit scharfer Klinge ebenso wie mit unverhohlenem Charme zu argumentieren. "Unglaublich charmant" findet ihn etwa die Schauspielerin Katharina Thalbach. Gysi sei "ein gesamtdeutscher Politstar geworden und keine rein ostdeutsche Identifikationsfigur", findet Bock.

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"Tomaten, Eier, Spucken hab' ich durch"

Dem 1948 in Berlin-Lichtenberg geborene und in Johannisthal (Bezirk Treptow-Köpenick) aufgewachsenen Sohn eines DDR-Botschafters und Kulturministers wird von Weggefährten "ein Hang zum Narzissmus" bescheinigt. "Er freut sich tierisch, wenn er irgendetwas besser kann", behauptet beispielsweise eine Skilehrerin.

Insider-Mitteilungen werden im Film aber auch von Wolfgang Schäuble und Berlins Ex-Bürgermeister Klaus Wowereit geboten. Ersterer verrät Näheres über geheime Gespräche mit Helmut Kohl, Letzterer warum Gysi nach kurzer Zeit als Berliner Senator wieder ausgestiegen war.

"Tomaten, Eier, Spucken, das hab' ich alles durch", sagt er über seine Polit-Vergangenheit, in der er stets zu den gehörte, die polarisieren. Aber längst halten die meisten Deutschen den in seinem Wahlkreis Treptow-Köpenick vierfach Wiedergewählten, der seine Partei "Die Linke" zur Neubesinnung ermahnt, für durchaus cool. Und das auch, obwohl er mit seiner Ablehnung von deutschen Waffenlieferungen an die Ukraine mal wieder die Meinungen spaltet und an eine Zeit nach Putin denken will. Gysi-Sprüche, wie der über Einladungen zu Finanzberater-Kongressen: "Früher hätten die Geld gezahlt, damit ich verschwinde. Heute zahlen sie, damit ich hier rede" fallen da nicht mehr ganz so leicht.

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