Rematch - Do. 17.10. - ARTE: 21.40 Uhr

Mensch gegen Maschine: Wie die KI "Deep Blue" einen Schachweltmeister an die Wand spielte

02.10.2024 von SWYRL/Matthias Deuring

Garry Kasparow führt seit Jahren unangefochten den Schachweltmeistertitel, als er 1996 auf seinen bisher größten Gegner trifft - die KI "Deep Blue". Er siegt, wenn auch nicht mit wehenden Fahnen. IBM möchte ein Rematch. Die Zuständigen haben zwölf Monate, um den Rechner zu optimieren - und Kasparow zu überzeugen.

"Natürlich gewinne ich", so antwortet Schachweltmeister Garry Kasparow (Christian Cooke) in der Serie "Rematch" auf die Frage, ob er denn seinen ungewöhnlichen Kontrahenten, den Supercomputer "Deep Blue" (zu Deutsch: tiefblau), hergestellt vom Unternehmen IBM, nicht fürchte. Nur, um wenig später im ersten Match aufzugeben. Ein wahrhaft historischer Moment, denn am 10. Februar 1996 hat tatsächlich zum ersten Mal in der Geschichte ein Computer einen amtierenden Schachweltmeister geschlagen. Doch damit ist das Duell Kasparow gegen IBMs mächtige Schach-KI, assistiert durch ihren Schöpfer PC (Orion Lee), noch nicht entschieden. Die beiden ungleichen Kontrahenten liefern sich spannungsvolle Schlagabtausche am Schachbrett, in denen effektvoll maschinelle Gleichgültigkeit und das Ego eines Spitzensportlers aufeinanderprallen.

Am Ende kann Kasparow nach sechs Partien als Sieger hervorgehen, aber eben nicht glatt, sondern 4:2. Von den sechs Partien gewinnt er nur drei, zweimal gibt es einen Gleichstand. Das Echo der Medien ist groß. Und so kommt man bei IBM auf die Idee, "Deep Blue" mit größtem Aufwand aufzurüsten und Kasparow zu einer Revanche herauszufordern. Davon handelt die spannende sechsteilige Serie "Rematch", die am Donnerstag, 17. Oktober, und am Donnerstag, 24. Oktober, in jeweils drei Folgen am Stück bei ARTE zu sehen ist. In der Mediathek ist sie bereits ab 2. Oktober zu sehen.

Auch wenn in der englisch-französischen Koproduktion von ARTE und Disney+ viel gesessen wird - Kasparow wird von Cooke brillant porträtiert als ehrgeizige, sichtbar leidende Sportlerseele. Um da mitzuleiden, muss man nicht einmal sonderlich viel mit dem Spiel, geschweige denn Computertechnik am Hut haben. Zumal das Gefühl, künstliche Intelligenz mache uns den Rang streitig, wohl nie so nachvollziehbar war wie heute. Doch bei all dem Theater um den großen schwarzen KI-Kasten, sind es die Geschichten der Menschen, die "Rematch" so interessant machen. Neben Kasparows Mutter und Managerin Klara (Trine Dyrholm, "Königin", "Die Königin des Nordens") ist es vor allem auf der gegnerischen Seite IBM-Vizepräsidentin Helen Brock (Sarah Bolger), deren Ansehen nicht weniger auf dem Spiel steht als das des Schachweltmeisters.

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Trotz des KI-Theaters ist die menschliche Psyche der Star bei "Rematch"

Denn Computerriese und Traditionsunternehmen IBM steckte 1996 in der Krise. Brock, verantwortlich für Forschung und Entwicklung, braucht einen zumindest symbolischen Sieg für ihre Abteilung. Die unerwartete Aufmerksamkeit für das Spiel zwischen Kasparow und ihrem KI-Schützling "Deep Blue" kommt da gerade recht. Es entzündet sich ein Wettstreit, indem nicht nur IT-Nerds, sondern auch alte Rivalen des Schachweltmeisters (gespielt von Tom Austen und Luke Pasqualino) aufgeboten werden. Der sieht sein Match zunächst gelassen nur als "interessantes Experiment", doch er ahnt nicht welche historische wie persönliche Tragweite die folgenden Partien haben werden. Doch egal, ob man die Geschichte bereits kennt oder nicht, man wird bei jeder Partie mitfiebern und sich nie so ganz entscheiden können, auf welcher Seite man nun steht: Mensch oder Maschine.

Temporeich, mit viel Liebe zum Detail und mit feinem Blick für die menschliche Psyche erzählt "Rematch" ein großes Stück Schach- und Computergeschichte nach. Regisseur Yan England und seinem Team ist das handwerklich durchweg mehr als geglückt, und so gab es beim Serienfestival Séries Mania in Lille zurecht die Auszeichnung als beste Serie 2024. Einzig die deutsche Synchronisation steht dem Genuss im Weg. Die Figuren klingen hier allzu platt, als wären sie nicht mit im Raum, worüber alle psychologische Tiefe verloren geht. Englische Sprachausgabe mit Untertiteln ist also ausdrücklich empfohlen.

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