funk-Format "maiLab"

Mai Thi Nguyen-Kim: "Eine Impfpflicht ist weniger krass als eine Gurtpflicht im Auto"

15.11.2021 von SWYRL

In der Debatte um die Impfpflicht hat sich die Wissenschaftsjournalistin Mai Thi Nguyen-Kim zu Wort gemeldet. In einem Beitrag für ihren Onlinevideokanal "maiLab" warnte sie vor einer weiteren Spaltung der Gesellschaft. Geimpfte würden "an die Grenzen ihrer Fähigkeit zu Solidarität und Empathie gebracht".

Eigentlich wollte sie gar kein Video zu Corona mehr machen. Doch angesichts der sich katastrophal auftürmenden vierten Infektionswelle hat Mai Thi Nguyen-Kim nun doch noch einmal die pandemische Lage analysiert und sich dabei für die Einführung einer allgemeinen Impfpflicht in Deutschland ausgesprochen.

Sie sei immer fürs Impfen, aber gegen eine Impfpflicht gewesen, erläutert die Wissenschaftsjournalistin in ihrem Online-Format "maiLab", das Teil des öffentlich-rechtlichen Jugendangebots funk ist. Angesichts der dramatischen Lage auf den Intensivstationen und 15 Millionen Menschen, die freiwillig ungeimpft sind, sei sie nun zu einem anderen Schluss gekommen: "Was wenn all die Aufklärung, die Anreize, die niederschwelligen Angebote, 2G und das alles nicht ausreichen, um die Impflücke zu schließen? Kann man dann eine Impfpflicht noch ausschließen?"

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Die Risikoabwägung steht in gar keinem Verhältnis

Sie verstehe die Aufregung in der Debatte nicht, so Mai Thi Nguyen-Kim: "Ganz rational betrachtet ist eine Impfpflicht weniger krass als eine Gurtpflicht im Auto. Denn der Sicherheitsgurt schützt ja nur mich selbst. Da könnte man ja noch argumentieren: Ist ja jeder selbst schuld, wer sich nicht anschnallt. Aber wer sich impfen lässt, schützt ja nicht nur sich, sondern auch andere." So könnte man jene "vermeidbaren Infektionen" verhindern, die dafür sorgen, dass die Intensivstationen volllaufen "zulasten aller, die Intensiv-Care brauchen". Wer das nicht anerkenne, habe den "Ausnahmezustand, in dem wir uns gerade befinden, noch immer nicht verstanden".

Mit drei Fakten untermauert die promovierte Chemikerin ihre Forderung nach einer Impfpflicht. Die erste und womöglich wichtigste: Die Impfung sei sicher und inzwischen milliardenfach weltweit erprobt. Die Risikoabwägung zwischen Impfung und einer früher oder später unvermeidlichen Infektion ohne Immunschutz stehe in gar keinem Verhältnis: "Wer Angst hat vor eventuellen sehr seltenen Nebenwirkungen einer Impfung, müsste sich konsequenterweise vor Angst schreiend in die Hose machen vor einer Coronainfektion", erklärt die Wissenschaftlerin.

"Wie soll das eine Gesellschaft nach anderthalb Jahren Pandemie aushalten?"

Zum Zweiten schütze die Impfung genau wie gedacht: nicht perfekt, aber sie reduziere nachweislich Ansteckungen und schwere Verläufe. Dass inzwischen auch etliche Geimpfte auf der Intensivstation landen, sei der Tatsache geschuldet, dass es inzwischen sehr viele Geimpfte gebe. Man würde schließlich auch nicht argumentieren: "Sicherheitsgurte bringen nichts, denn unter den schwerverletzten Unfallopfern waren 99 Prozent angeschnallt."

Und zuletzt - Fakt 3 - sei die Pandemie eben noch nicht vorbei. "Es ist Endspurt, und es ist nicht egal, ob noch Tausende Menschen mehr oder weniger sterben." Mai Thi Nguyen-Kim: "Nur wer die Fakten nicht verstanden hat oder von Desinformation getäuscht wurde, entscheidet sich bewusst gegen eine Impfung."

Zwar räumt sie ein, dass eine generelle Impfpflicht schwer umsetzbar und kaum fälschungssicher sei, jedoch gehe es jetzt um schnelles Handeln. "Jetzt ist nicht die Zeit für Perfektionismus, jetzt ist die Zeit für Pragmatismus." Auch weil Geimpfte durch die drastischen Konsequenzen aus der zu niedrigen Impfquote "an die Grenzen ihrer Fähigkeit zu Solidarität und Empathie gebracht" würden. "Wie soll das eine Gesellschaft nach über anderthalb Jahren Pandemie aushalten?", fragt die Wissenschaftlerin am Ende ihres 14-minütigen Beitrags rhetorisch. "Die Spaltung entsteht doch nicht durch Impfpflicht, sondern durch die Spaltung in Geimpfte und Ungeimpfte."

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