28.11.2024 von SWYRL/Eric Leimann
Eine Forstpraktikantin (Henriette Confurius) kommt Ende der 90-er in die oberpfälzische Provinz. Die Einheimischen beäugen ihre Arbeit im Wald mit Skepsis. Der Film "Schweigend steht der Wald" von Saralisa Volm nach dem gleichnamigen Roman von Wolfram Fleischhauer wurde von der Kritik hochgelobt.
Es ist eine Lichtung im Oberpfälzer Wald, die Forstpraktikantin Anja Grimm (Henriette Confurius) offenbar magisch anzieht. Sie kartografiert, nimmt Bodenproben und entdeckt Effekte, die hier so eigentlich nicht vorkommen dürften. Es ist die Mischung aus wissenschaftlicher Detailarbeit und dem Unheimlichen des deutschen Waldes, die im Film "Schweigend steht der Wald" die Stimmung vorgibt. Das Spielfilmdebüt von Schauspielerin Saralisa Volm lief 2022 bei der Berlinale in der "Perspektive Deutsches Kino" und sammelte auch bei anderen Festivals Auszeichnungen als stimmungsvoller 90-Minüter zwischen Mysterykrimi, gruseligem Heimatfilm und Geschichtsstunde. Entstanden ist "Schweigend steht der Wald" nach dem zehn Jahre zuvor erschienenen gleichnamigen Roman von Wolfram Fleischhauer, der auch das Drehbuch schrieb. Das Erste zeigt das Drama von 2022 nach der Vorab-Premiere bei ARTE nun zu später Stunde.
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Eine Fremde sorgt für Unruhe
Man kennt es als klassisches Buch- oder Filmmotiv: Da kommt ein Fremder oder eine Fremde in ein Dorf und mischt die enge Gesellschaft auf. Ob nun der Eindringling böse ist oder sein Schaffensgebiet - darin liegt das Grundgeheimnis vieler solcher Stoffe. Wobei Anja, die wohl nicht zufällig den märchenhaften Nachnamen Grimm trägt, eigentlich nicht völlig fremd in der Oberpfalz ist.
Die wohl weit fortgeschrittene Studentin der Forstwissenschaft war schon als Kind Ende der 70-er häufig mit den Eltern hier im Urlaub - Roman und Film spielen Ende der 90-er. Jetzt ist die schweigsame junge Frau zurückgekehrt, um ihrer Arbeit nachzugehen. Dabei trifft sie auf den gleichaltrigen Rupert (Noah Saavedra), mit dem sie damals spielte, auf den örtlichen Polizeibeamten Konrad (Robert Stadlober) oder dessen strengen Vater (August Zirner), der den Wald schon mal mit Waffengewalt verteidigt. Warum sind die Bewohner der Besucherin gegenüber zunehmend feindlich gesinnt? Und welches Geheimnis könnte sich im Wald verbergen?
Der deutsche Wald im Standard-Repertoire eines jeden Krimis
Deutsche Waldfilme, in denen Unheimliches angedeutet oder explizit ausgespielt wird, liegen seit Jahren im Trend. Drohnenflüge über deutsche Wälder zu dräuender Musik gehören mittlerweile zum Standard-Repertoire eines jeden Krimis, der auch nur irgendetwas mit dem Schauplatz Natur anfangen kann. Was "Schweigend steht der Wald" besser macht als viele andere Kriminalfilme, ist jedoch die Darstellung im Kleinen. Ähnlich wissenschaftlich wie Anja folgt auch die Kamera ruhigen Details des Bodens, der Tier- und Pflanzenwelt. Und Henriette Confurius, die mal wieder mit ihrem ruhigen und gleichzeitig ausdrucksstarken Spiel überzeugt, ist eine gute Protagonistin, um die Rätsel des Waldes zu untersuchen. Weil sich hier jemand nicht in den Vordergrund spielt, sondern beobachtet, wie es Wissenschaftler tun sollten.
Vor allem in den stillen "Untersuchungsszenen", in denen Anja schon mal fein säuberlich ein Wildschwein am Fleischerhaken ausnimmt, das sie bei einem nächtlichen Waldbesuch in Notwehr töten musste, entfaltet sich der Zauber dieses kleinen Films, der aber leider auch einige Konstruktionsfehler mitschleppt: Viel zu früh wird angedeutet, worauf das Ganze hinaus soll, sodass ein paar Spannungselemente flöten gehen. Auch reden die lokalen Figuren - für ungeübte Ohren teilweise in einen heftigen Dialekt sprechend - oft ein wenig zu explizit bis analytisch daher. So lässt einen das unausgegorene Verhältnis zwischen großartig stimmungsvollen Bildern, einer starken Hauptdarstellerin und einigen Drehbuchschwächen am Ende etwas ratlos zurück. Dennoch darf man gespannt sein, was Regisseurin Saralisa Volm als Nächstes angehen wird. Ihr großes Regietalent ist in vielen Szenen dieses Anti-Heimatfilms auf jeden Fall zu spüren.