Beim Pelzig auf der Bank (1) - Scheiß Corona - Mi. 01.12. - 3sat: 20.15 Uhr

Konversation mit Biss und Bowle

28.11.2021 von SWYRL/Wilfried Geldner

Da ist er wieder, mit Cordhütchen, Janker und kariertem Hemd: Pelzig alias Frank-Markus Barwasser, der Würzburger mit dem drolligen Frankendialekt. Die "Banndemie" scheint für ihn wie geschaffen. Pelzig macht sich Luft zu Corona und befragt zur Bowle Wissende oder betroffene Menschen.

Fast 40 Mal quälte Pelzig alias Frank-Markus Sparwasser, der Mann mit dem "Cordhüdli" und dem unterfränkischen Dialekt, in den Nullerjahren seine Besucher, bat sie zur giftgrünen oder grellroten Bowle - von Alfons Schuhbeck bis Wladimir Kaminer und Bettina Schausten. Nun kommt es zu einem Revival, und die Bowle ist wieder dabei, wenn er nun in gleich drei 45-Minuten-Sendungen hintereinander durch die Lande zieht, um im Volk und bei Prominenten die Meinung zur Lage einzuholen - sei es zu "Scheiß Corona" oder zur "Scheiß Demokratie". Reisende Talker wie Gernstl oder Michael Kessler ("Kesslers Expedition") dürften Pate gestanden haben beim überfallartigen 3sat / ZDF-Konversationsprogramm.

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Ein Fahrrad - zwei Bänke

"Einmal zu allen nach überall und wieder zurück", ist Barwassers anarchische Devise, mit der er die allgemeinverkorkste Situation quer durch die Republik reisend aushebeln will. Ein Fahrrad und zwei ausklappbare Bänke hat er sich dazu gebaut. Er nennt sie "Freundschaftsbänke", er hat sie den Frauen in Simbabwe abgeschaut, die - psychologisch geschult - auf ihnen den Mitmenschen und ihren Nöten das Ohr leihen und Ratschläge geben. Der Wiener Psychiater Reinhard Haller gibt Ratschläge zum Vorhaben, erst mal per Zoom, es ist noch Coronazeit. Vom "Zeitalter des Narzissmus" spricht Haller, in dem wir lebten. "Immer nur Ich, Ich und am Ichesten", sei die Devise der Menschen.

Anders als etwa die reisenden Reporter Gernstl oder Kessler nimmt sich Pelzig für seine Partner im Interview wenig Zeit - nicht selten drängt sich der Gedanke auf, dass er längst mehr als sein gegenüber weiß. Informativer, um nicht zu sagen: empathischer sind da die kurzen Gespräche mit Menschen wie du und ich, teils von der Krankheit gebeutelt, teils von wirtschaftlichen Zwängen geplagt. Patrick musste nach der Insolvenz zwei Dutzend Leute entlassen, jetzt macht er in Gin, es läuft gut. Karl aus Regensburg hat drei Wochen im Koma gelegen, er kämpft mit den Spätfolgen. Eine Studentin prangert wütend die Corona-Lage an den Universitäten an.

"Darüber muss ich nachdenken", sagt Pelzig beim Abschied salopp zu ihr. Er weiß, dass er die Welt nicht ändern wird. Und eigentlich, so scheint's, mag er auch an das gescheite Daherreden der Intellektuellen nicht glauben. So bleibt am Ende - "Scheiß Corona!" - ein verzweifeltes Fazit, eine Dystopie, die davon ausgeht, dass uns Corona nie verlassen wird.

Pelzig schlüpft per Animation ins Virusgewand, spricht als solches mit Cordhut und verzerrtem Stimmchen. Der Mensch frisst die Erde und das Virus frisst ihn - was sollte daran so besonders sein? - So bissig ist Pelzig auf seiner "Freundschaftsbank" und der "Bowle to go" leider zu selten.

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