Russlands mutige Frauen - Widerstand gegen Putin

Keine Chance für Demokratie: Wie oppositionelle Frauen in Russland unterdrückt werden

02.10.2022 von SWYRL/Martina Maier

Sie zeigen Putin die Faust und nehmen Verhaftungen, Isolation und Willkür in Kauf, aus Liebe zu ihrem Land. Die Dokumentation "Russlands mutige Frauen" begleitet drei Aktivistinnen, denen beim Kampf für ein freies Russland kein Risiko zu groß ist.

"Als Politikerin in Russland muss man bereit sein, alles zu opfern", sagt die junge Aktivistin Ljusja gleich zu Beginn dieser bemerkenswerten Doku, die in diesem Jahr mit dem BAFTA-Award ausgezeichnet wurde. Was die Frau mit "Opfern" meint, zeigt der Film eindrücklich: Ljusja und zwei Oppositionskandidatinnen erleben in den Monaten vor der Parlamentswahl in Russland 2021 systematische Schikanen - darunter Zwangseinweisungen in eine Covid-Klinik, Fußfesseln, Verhaftungen. Die Londoner Filmemacherin Sarah Collinson war immer wieder mit der Kamera dabei und zeichnet in "Russlands mutige Frauen - Widerstand gegen Putin", der am Sonntag, 9. Oktober, 20.15 Uhr, erstmals bei ZDFinfo zu sehen ist, ein erschütterndes und emotionales Bild vom aussichtslosen Kampf der Regimekritikerinnen für Demokratie, Meinungsfreiheit und Bürgerrechte. In der ZDFmediathek steht der Beitrag ab Sonntag, 2. Oktober, für drei Jahre zum Abruf bereit.

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"Medizinische Haft" als Mittel gegen WIderstandskämpferinnen

Zu Beginn des Jahres 2021 kommt es im Vorfeld der russischen Parlamentswahlen in der Bevölkerung zu heftigen Protesten gegen Putins autoritäres Regime. Doch jede Kritik wird im Keim erstickt, Menschen werden verhaftet, Regierungskritiker als Extremisten eingestuft. Mittendrin ist Ljusja Schtein, Mitglied der feministischen Aktivistengruppe "Pussy Riot". Sie wird wegen Verstoßes gegen die Corona-Hygienevorschriften verhaftet und bis zur Verurteilung mit einer elektronischen Fußfessel ausgestattet. Später sitzt sie wegen angeblichen Widerstands gegen ihre Verhaftung 15 Tage im Gefängnis.

Violetta Grudina war Leitern der Ortsgruppe in Murmansk im Menschenrechts- und Anti-Korruptionsnetzwerk von Putins größtem Kontrahenten, Alexej Nawalny. "Ich habe keine Angst, die haben Angst vor mir", sagt sie anfangs selbstbewusst. Grudina möchte für ein Amt im Stadtrat kandidieren - und wird, kurz bevor sie ihren Antrag einreichen muss, in ein Krankenhaus für Covidpatienten zwangseingewiesen, obwohl sie kerngesund ist, und wochenlang festgehalten. Ihre Wahlkampfhelferin wird am Flughafen wegen angeblichen Drogenbesitzes festgenommen, Stunden später jedoch auf freien Fuß gesetzt. Eine Warnung, meinen die beiden Frauen. Als Grudinas Antrag aufgrund ihrer Unterstützung für Nawalnys Anti-Korruptionsstiftung abgelehnt wird, fließen Tränen der Wut und der Ohnmacht.

Ebenfalls für den Kremlkritiker tätig war Irina Fatjanowa, die nun für das Stadtparlament von St. Petersburg kandidiert. Die nötigen gut 4.000 Unterschriften, die sie dazu sammeln muss, bekommt sie zusammen, aufstellen lassen darf sie sich trotzdem nicht. Wieder ist es die Zugehörigkeit zu Nawalny, der seit einiger Zeit wegen angeblicher terroristischer Aktivitäten im Gefängnis sitzt.

"Als wir den Film drehten, war Nawalny gerade von seiner Vergiftung genesen, und es gab Hoffnung auf Veränderung. Zehntausende gingen auf die Straße", sagt Preisträgerin Sarah Collinson in ihrer Dankesrede. "Ein paar Monate später: unfassbarer Abstieg und eskalierende Unterdrückung, nicht in Bezug auf die Wahlen, sondern als Wegbereiter für den Krieg in der Ukraine. Jetzt ist es noch schwerer, noch gefährlicher, den Mund aufzumachen." Im Film weigern sich die Frauen trotz aller Repressalien, das Land zu verlassen, wie so viele andere, die mit ihnen für ein freies Land kämpften. "Wenn man seinen Ängsten nachgibt, ändert sich nie etwas", darin sind sie sich einig. Doch Sarah Collinson berichtet davon, wie es mit den Aktivistinnen weiterging: Inzwischen haben alle drei das Land verlassen und leben im Exil.

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