"Jean Seberg - Against All Enemies"

Auf dem Scheiterhaufen des FBI

09.09.2020 von SWYRL/Andreas Fischer

Im rätselhaften Biopic "Jean Seberg - Against All Enemies" bricht der Staat den Lebenswillen der Nouvelle-Vague-Ikone. Zumindest behauptet das Regisseur Benedict Andrews.

Gleich in der ersten Szene steht Jean Seberg auf dem Scheiterhaufen, das Feuer verzehrt sie, ihre Schreie gehen durchs Mark. Die Aufnahmen sind echt, der Schmerz ist real. Bei den Dreharbeiten von Otto Premingers "Die heilige Johanna" (1957), dem ersten Film der späteren Ikone der Nouvelle Vague, wurde Seberg durch einen Unfall schwer verletzt. Ihr Körper trug Narben davon. Die Flammen, der Schmerz, die Panik sind ein Menetekel für die folgenden 100 Minuten: Im Biopic "Jean Seberg - Against All Enemies" nimmt die Seele der Schauspielerin schweren Schaden.

Um das Leben und mehr noch um den Tod von Jean Seberg ranken sich Mythen und Legenden. 40 Jahre wurde die US-amerikanische Schauspielerin alt, als offizielles Todesdatum gilt der 30. August 1979. Gefunden wurde sie allerdings erst zehn Tage später. Nackt, in eine Decke gehüllt in ihrem Auto in der Nähe von Paris. Man fand Schlaftabletten und einen Abschiedsbrief. Die Polizei deklarierte den Tod als Suizid, die Umstände blieben freilich ungeklärt.

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In den Abgrund getrieben

Der australische Regisseur Benedict Andrews versucht zu ergründen, wie es so weit kam, und konzentriert sich dabei auf Ereignisse in den Jahren 1968 bis 1970. Damals war Seberg (gespielt von Kristen Stewart) in Hollywood bekannt und in Frankreich berühmt. Mit ihrer Rolle in Jean-Luc Godards "Außer Atem" an der Seite von Jean-Paul Belmondo war sie zum Gesicht der Nouvelle Vague geworden und zum Star.

Das reichte ihr aber nicht, Seberg wollte etwas bewirken, wie ihr im Film recht spontan in den Sinn kommt. Für irgendetwas muss der Ruhm doch nützlich sein. Ihr Engagement für die radikale Bürgerrechtsbewegung der Black Panther wirkt zwar reichlich überraschend, ruft nach ihrer Rückkehr in die Vereinigten Staaten aber das FBI auf den Plan. Der sensible Agent Jack Solomon (Jack O'Connell) und sein kaltschnäuziger Kollege Carl Kowalski (Vince Vaughn) werden zur Überwachung abgestellt: "Unsere Aufgabe ist es, ihr Image zu zerstören", bekommen sie vom Chef mit auf den Weg.

Sebergs Affäre mit dem Black-Panther-Aktivisten Hakim Jamal (Anthony Mackie) bleibt also nicht unbemerkt und setzt eine perfide Maschinerie aus Halbwahrheiten, Verleumdungen und Drohungen in Gang. Die Maßnahmen zeigen Wirkung, aus dem glamourösen Star wird ein paranoides Wrack mit suizidalen Tendenzen und exzessivem Alkoholkonsum.

Die große Ratlosigkeit

Sebergs Leben wird zum Alptraum: Chauvinismus, Rassismus, staatliche Überwachung, mediale Schmutzkampagnen - Andrews lässt in seiner Filmbiografie kaum ein Thema aus. Er kann sich aber auch nicht richtig entscheiden, worauf er sich konzentrieren will, und das macht "Jean Seberg - Against All Enemies" zu einer ziemlich holprigen Angelegenheit, bei der vieles behauptet wird und alles im Vagen bleibt. Man hängt quasi in der Luft, weiß weder, was Seberg, noch, was ihre Gegenspieler und Weggefährten antreibt.

Faszinierend ist der Film trotzdem und vor allem, was Kristen Stewart als Jean Seberg treibt. Stewart spielt ganz groß auf, ist kühl und dreist, zerbrechlich und gebrochen, sie ist in einem Moment glamourös und verzweifelt im nächsten. Der Rest des Films ist vor allem ein hübsch dekoriertes Period Piece, mit vielen Schauwerten, aber nur wenigen Erklärungsversuchen.

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