Zum zehnten Todestag: Hella von Sinnen über ihren Freund Dirk Bach

"Ich war es ihm schuldig, dieses Buch zu machen"

12.09.2022 von SWYRL/Kai-Oliver Derks

Vor zehn Jahren starb der kleine, große Komiker und Schauspieler Dirk Bach. Ein Buch mit persönliche Briefen von Freunden und Weggefährten erinnert an ihn. Die Herausgeberin: Hella von Sinnen. Ein Interview über Freundschaft und Traurigkeit.

Es sei "Liebe auf den ersten Blick" gewesen, sagt Hella von Sinnen, wenn sie nach der ersten Begegnung gefragt wird. Kennengelernt in Köln und - zack - schon zusammengezogen in eine WG. Über 40 Jahre ist das jetzt her. Immer wieder kreuzten sich danach die Wege. Beruflich, vor allem aber auch privat. "Ich bin seine designierte Witwe", sagt die 63-Jährige. Am 1. Oktober 2012, vor genau zehn Jahren, starb Dirk Bach, den sie meist "Dicki" nennt. Er wurde in einem Appartementzimmer eines Hotels in Berlin-Lichterfelde tot aufgefunden. Das Herz. Der brillante Schauspieler, Komödiant und Moderator wurde nur 51 Jahre alt. Viele erinnern sich an ihn als Moderator des Dschungelcamps. Dirk Bach spielte in Sitcoms, moderierte Shows, doch vor allem liebte er die Bühne. Am 13. September erscheint im Rowohlt Verlag "Dear Dicki" - ein Buch zum Todestag. Über 80 prominente Persönlichkeiten und Wegbegleiter erinnern sich darin in persönlichen Briefen an Dirk Bach. Es sind heitere und ernste Anekdoten, sehr persönliche Emotionen, liebevolle Gespräche, die hier geschildert werden. Herausgegeben wird das Buch von Hella von Sinnen und Cornelia Scheel, die das Projekt von Anfang bis Ende begleiteten.

teleschau: Frau von Sinnen, die gesammelten Briefe an Dirk Bach enthalten zum Teil auch sehr persönliche Erinnerungen. Hatten Sie beim Lesen das Gefühl, das Buch könnte am Ende zu privat werden?

Hella von Sinnen: In der Tat saßen Cornelia Scheel und ich manchmal hier und dachten über diese Frage nach. Aber ich habe keinen einzigen Brief zensiert. Dirk selbst war, was seine Gefühle betrifft, ja gar kein so offener Mensch. Aber ich glaube schon, er würde sich alles in allem gut getroffen fühlen, wenn er das Buch lesen würde. Die meisten schreiben ja auch vor allem über seine Großzügigkeit und sein riesiges Talent. Klar - das hätte ihm gefallen.

teleschau: Das Thema Großzügigkeit kommt wirklich oft zur Sprache.

Hella von Sinnen: Und es war ja auch so. Das darf man heute ruhig erzählen, zumal er damals ja sehr bescheiden war. Aber die Menschen waren eben platt, wenn sie an ihrem Geburtstag einfach so irgendeine seltene CD von ihm geschickt bekamen, die sie irgendwann einmal erwähnt hatten. Mich hat ein Brief einer Kollegin aus der "Kein Pardon"-Produktion beeindruckt ...

teleschau: Erzählen Sie ...

Hella von Sinnen: Die Schauspielerin Claudia Dilay Hauf erinnert sich, dass sie während der Proben mal an Dicki schnüffelte und ihr auffiel, dass er wie ihr Freund roch. Sie hatten dasselbe After Shave. Irgendwann später erzählte sie ihm dann, dass sie sich getrennt hatten. Und sie schreibt: "Seit diesem Tag habe ich den Duft nicht mehr an Dir gerochen." Das ist eine Form von Sensibilität, die ich bis heute enorm finde.

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"Ich empfinde mich ja als seine designierte Witwe"

teleschau: Haben Sie das Buch auch als Trauerarbeit begriffen?

Hella von Sinnen: Nein. Ich erinnere mich, als unsere Lektorin kam, um einige Fotos für das Buch persönlich nach Hamburg zu transportieren. Ich saß mal wieder schluchzend am Tisch, und alle erklärten mir, ich solle das alles als Trauerarbeit sehen. Aber wissen Sie: Für jemanden, die nicht bereit ist, Trauerarbeit zu machen, ist das kein guter Ratschlag. Ich bin da einfach keine Spezialistin.

teleschau: Sie sagen, es sei das schmerzvollste und schwerste Projekt Ihres Lebens gewesen. Wurde es dann trotzdem irgendwie auch eines der schönsten?

Hella von Sinnen: Glauben Sie mir bitte: Nein! Aber wenn ich dieses Büchlein irgendwann mal fertig vor mir liegen haben, mit ihm und der dicken Sonnenblume auf dem Cover, dann glaube ich, dass ich froh und glücklich sein werde. Weil ich der Meinung bin, dass er es einfach verdient hat. Und dass er mit dem Buch zufrieden wäre. Ich selbst bin vor allem dankbar, dass ich bei dieser Sache nicht aufgegeben habe. So waren Dicki und ich auch früher schon: So kompliziert es auch immer mal wurde - wir setzten den Problemen Professionalität entgegen und machten immer weiter. Ich war es ihm schuldig, dieses Buch zu machen. Das war meine Triebfeder. Aber ich ganz privat, die Hella, die hätte darauf verzichten können. Ich empfinde mich ja durchaus als seine designierte Witwe.

teleschau: Erinnern Sie Menschen von heute an Dirk Bach oder würden Sie ihm eine Einzigartigkeit zuschreiben?

Hella von Sinnen: Wenn Sie mich nach einem Nachfolger fragen - den sehe ich nicht. Ich selbst habe mich auch Zeit meines Lebens immer gewehrt, wenn jemand schrieb: "Sie tritt in die Fußstapfen von ... Trude Herr" - oder wem auch immer. Wichtig war mir aber schon, dass Bastian Pastewka mit dabei war. Er lehnte zunächst ab, weil er Dirk ja gar nicht so gut kannte. Aber ich schrieb ihm: "Pass auf, Dicker. Du bist der Einzige, dem ich so viel Talent wie damals Dirk zuschreibe: Du gehörst in dieses Buch." Bastian ist einfach ein herrlicher Komödiant ...

teleschau: Das ungewöhnlich Schillernde lässt sich vielleicht noch ein bisschen bei Wigald Boning erkennen.

Hella von Sinnen: Gut, dass Sie Wigald erwähnen. Ich kenne ihn ja gut aus vielen Folgen von "Genial daneben". Ich habe den Wigald wahnsinnig lieb. Aber er hat einen skurrilen Humor, der sich nicht wirklich mit Dirk Bach vergleichen lässt. Was seine schillernden Auftritte angeht, gebe ich Ihnen absolut recht. Ehrlich, ich bin seit 40 Jahren fassungslos, dass Wigald Boning heterosexuell ist (lacht).

"Ja, wir wollten berühmt werden"

teleschau: Wie war es damals, als es mit RTL und Dirk Bach losging? Er war bis dorthin in so vielen auch ernsten Bühnenstücken zu sehen. Und nach einigen Jahren war er für viele vor allem der "lustige Dicke" von RTL. Haderte er mit diesem Bild nach außen?

Hella von Sinnen: Katja Bellinghausen, die mit ihm in der Sitcom "Lukas" spielte, sagt ja in ihrem Brief explizit, dass er darunter gelitten habe. Ich empfand es aber nicht so. Dirk hat die Popularität ja auch genossen. Ich erinnere mich gut daran, wenn er wieder mal hier in Wohnzimmer zu tanzen begann und mir so eine Trash-Tretmine vorspielte, bei der er zugesagt hatte.

teleschau: Zum Beispiel?

Hella von Sinnen: Naja, der Film "Crazy Race 4" oder so ein Scheiß. Dann hat ihn die alte Theaterwissenschaftlerin in mir schon gefragt, ob das wirklich sein Ernst ist. Ich verstand ihn dann aber schon, weil er eben immer die Balance zwischen "E" und "U", also zwischen Ernsthaftem und Unterhaltung, hielt. Wenn ich heute zum x-ten Mal von der "Ulknudel Hella von Sinnen" lese, kriege ich die Krätze. Aber ich bin da eben viel sensibler, als es Dirk je war.

teleschau: Popularität war Ihnen aber beiden wichtig?

Hella von Sinnen: Als wir anfingen, war ich 19 und er 17 - und ja: Wir wollten berühmt werden. Und wenn du dann berühmt bist, wirst du eben einen Teufel tun und dich darüber beschweren. Zumal Dirk ja auch so grandiose Leistungen hinlegte wie den Puck im "Sommernachtstraum". Die Presse überschlug sich vor Begeisterung - im Grunde fehlte ihm dann nichts. Ich bin mir sicher, er hatte seinen Frieden mit alldem. Wobei ich eines an dieser Stelle noch unbedingt betonen möchte ...

teleschau: Nämlich?

Hella von Sinnen: Die Anke Engelke, der Dirk Bach, der Bastian Pastekwa, die Hella von Sinnen - wir alle können so talentiert sein, wie wir wollen. Wir wären nichts, wenn es nicht die Autorinnen und Autoren gäbe, die uns geniale Texte schreiben. Das sage ich, weil auch Dirk immer wieder eben genau darauf hingewiesen hat. Ohne diese Menschen hätte es unsere Karrieren so nicht gegeben.

teleschau: Von 2003 bis 2021 waren Sie mit Unterbrechungen zu Gast bei Hugo Egon Balders TV-Show "Genial daneben". Nachdem die Zusammenarbeit mit SAT.1 beendet wurde, heißt es, die Sendung werde bald an anderer Stelle wiederkehren ...

Hella von Sinnen: So ist es, ist das nicht rührend? Sechs Folgen machen wir im Dezember für RTLZwei. Wir haben in Vorgesprächen einige Bitten gegenüber dem Sender formuliert. Es wird also das ursprüngliche Konzept sein, mit dem die Sendung erfolgreich wurde.

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