Familie verpflichtet - Mi. 14.04. - ARD: 20.15 Uhr

Gekonnt die Fettnäpfchen umschifft

11.04.2021 von SWYRL/Jan Treber

Die Liebe zwischen Khaled und David ist keine einfache: Einer Araber, einer Jude, einer noch nicht mal geoutet, einer plötzlich Vater. Diese Multi-Kulti-Komödie trifft den richtigen Ton.

Als wäre es nicht kompliziert genug, als Homosexueller in einer arabisch konservativen Familie seine Sexualität zu verbergen, macht der Umstand, dass es sich beim Angebeteten um einen Juden handelt, das Outing nicht unbedingt einfacher. Wenn der feste Freund einen dann auch noch mit einer Frau betrügt und von ihr ein Baby erwartet, klingt das endgültig nach dem Stoff für eine chaotische Multi-Kulti-Komödie - und nach gefährlichem Terrain. Doch "Familie verpflichtet" (2015) von Regisseur Hanno Olderdissen gelingt es nicht nur, den zahlreich lauernden Fettnäpfchen weitestgehend charmant auszuweichen, sondern auch, unterhaltsame Feel-Good-Unterhaltung abzuliefern. Seit 2015 war der Film bereits mehrfach in den Dritten Programmen zu sehen, nun läuft er erstmals im Ersten.

Eigentlich könnten Lehramt-Referendar Khaled (Omar El-Saeidi) und Kunst-Galerist David (Max von Pufendorf) ein glückliches Paar abgeben. Doch obwohl sie seit längerem zusammenwohnen, hat sich Khaled vor seiner arabischen Familie immer noch nicht geoutet - sein homophober Vater Aledrissi (Ramin Yazdani) hält David für seinen "Mitbewohner". Als David für einen Heiratsantrag auf die Knie geht, platzt "Baba" dann auch direkt vor dem möglichen Ja-Wort in den großen Moment hinein: Das Haus, in dem sein arabisches Restaurant eingemietet ist, hat nun neue Besitzer: Die jüdische Gemeinde, deren Angelegenheiten von Davids überforsorglicher Mutter Lea (Maren Kroymann) geleitet werden. Das Outing lässt ebenso wie eine Einigung auf sich warten.

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Mit Leichtigkeit ans schwere Thema

David hat derweil die Nase voll von Khaleds Versteckspiel. Seine Mutter weiß hingegen Bescheid über die Sexualität ihres Jungen, kommt aber nicht wirklich damit klar, dass sie nie Enkelkinder haben wird. Zumindest glaubt sie das zu Beginn: Denn um das Chaos perfekt zu machen, steht alsbald die junge Sarah (Franziska Brandmeier) mit Babybauch vor der Tür und erklärt, dass David sie vor einiger Zeit auf Drogen geschwängert habe. Nach dem ersten Schock müssen sich David und Khaled entscheiden: Das Kind selbst aufziehen - was Khaled bevorzugt oder es, wie es sich David wünscht, zur Adoption freigeben.

Die Leichtigkeit steht "Familie verpflichtet" durchaus gut, auch wenn es sich bei Akzeptanz von Homosexuellen in konservativ geprägten Familien - egal welcher Herkunft - um ein ernstes Thema handelt. Weniger dick aufgetragen hätte eine vergleichbare Story sicher auch als Drama funktioniert. Hier spielen Emotionen mit Ausnahme des unvermeidbaren Endes eher eine untergeordnete Rolle.

Man könnte einerseits kritisieren, dass für die beiden Hauptrollen kein offen schwul lebender Schauspieler gecastet wurde und andererseits loben, wie unverkrampft Omar El-Saeidi und Max von Pufendorf ihre Rolle annehmen. Falsche Scham vor schwuler Liebe ist hier ohnehin nicht vorhanden: Bei Nils (Hendrik von Bültzingslöwen), dem ebenso talentierten wie bocklosen Künstler, der auf Davids Dachboden haust, geht es ordentlich zur Sache.

Ein wenig Nahostkonflikt in Hannover

Auch wenn sich das eine oder andere Klischee einschleicht, gelingt es der Komödie ganz gut, Diskriminierung im lustigen Kontext anzuprangern, ohne durch die Witze selbst zu diskriminieren. Die Figuren haben wahrlich genug Vorurteile: Davids Mutter hält wenig bis nichts von Arabern, Khaleds Familie - mit Ausnahme seiner eingeweihten Schwester Ajna (Kristin Hunold) - ist offen homophob und akzeptiert ohnehin nur die traditionelle Lebensweise des Familienvaters. Bei seiner Tante handelt es sich zudem um eine üble Antisemitin. Die schlechtgelaunte Alte ist vielleicht der einzig durchweg fiese Charakter, denn trotz ihrer verstaubten Ansichten wollen die Eltern doch das vermeintlich Beste für ihre Söhne.

Grundsätzlich tut "Familie verpflichtet", einem Film, in dem auffällig viel gelogen und verheimlicht wird, niemandem wirklich weh. Teils sorgen auch Kleinigkeiten für Schmunzeln, beispielsweise wenn Aledrissi seinen Apfeltee so stark mit Zucker versüßt, dass der Löffel darin wahrscheinlich stehen könnte. Vereinzelt kommen die Witze jedoch auch mal derbe bis grenzwertig daher. Wenn etwa Davids Mutter Araber mehr oder weniger mit der radikal islamistischen Terrororganisation Hamas gleichsetzt, weht ein unangenehmer Hauch von Nahostkonflikt durch Hannover.

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