Tatort: Das Nest - So. 14.08. - ARD: 20.15 Uhr

Extrem unglaubwürdig und unterhaltsam

12.08.2022 von SWYRL/Eric Leimann

Der erste Dresdner "Tatort"-Fall von Cornelia Gröschel an der Seite Karin Hanczewskis war 2019 ein komplett überzogener Thriller, der unterhaltungsorientierten Zuschauern dennoch großen Spaß bereitete. Nun zeigt das Erste den Krimi als Wiederholung.

Fans des klassischen Ermittlerkrimis müssen bei der Dresdner "Tatort"-Folge "Das Nest" ganz stark sein. Bereits nach fünf Minuten ist klar, dass mit Drehbuchautor Erol Yesilkaya mal wieder die Pferde durchgegangen sind. Nicht umsonst erhilet Yesilkaya den Grimme-Preis für verrückte "Tatort"-Folgen wie den Film-im-Film-Coup "Meta", der auf der Berlinale spielte. Im 2019 erstmal ausgestrahlten Debüt Cornelia Gröschels als Kommissarin Leonie Winkler widmete sich Yesilkaya mal wieder seinem Lieblingsthema: dem vom amerikanischen Genrekino inspirierten Larger-than-Life-Thriller. Das Erste zeigt den Krimi, der zur Erstausstrahlung 9,67 Millionen Zuschauern vor die Bildschirme lockte, nun als Wiederholung.

Wer Fingernagelkauklassiker wie "Das Schweigen der Lämmer" oder "Sieben" mag, dürfte sich im Plot sofort wohlfühlen. Der bald extrem überspannte Handlungsbogen beginnt damit, dass eine junge Frau nach einem Autounfall mit defektem Smartphone in einer abgelegenen Villa Hilfe sucht. Im klassischen Horrorhaus präpariert dummerweise gerade ein Serienmörder seine Leichen, aus denen er feine Sitzgruppen-Ensembles baut. Offensichtlich ist dem Täter an anheimelnd wirkenden Familien-Szenen gelegen. Nur eben, dass seine Protagonisten selten dazwischen quatschen. Wie man sich denken kann, geht die Sache schlecht für die junge Unfallerin aus - was wiederum die Kommissarinnen Karin Gorniak (Karin Hanczewski) und ihre junge, reichlich unsichere Kollegin Leonie Winkler (Gröschel) auf den Plan ruft.

Weil Täter im Krimi ja immer zum Tatort zurückkehren - was in Wahrheit wahrscheinlich Quatsch ist - stellen die Dresdnerinnen dem Horrorhaus-Aktivisten eine Falle. Dabei wird Gorniak schwer verletzt, auch weil die Novizin an ihrer Seite versagt. Als Gorniak Wochen später traumatisiert in den Job zurückkehrt, macht sich das angeschlagene Duo erneut auf die Suche nach einem - wie es scheint - supersmarten Mörder aus dem Genre-Bilderbuch.

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Was ist eigentlich "realistisch"?

Wer der Täter ist, auch das wird nicht jedem "Tatort"-Traditionalisten gefallen, steht nach relativ kurzer Zeit fest. Der "allwissende" Zuschauer sieht dem Bösen nun auch bei Planung und Ausführung seiner nächsten Schritte zu. Selbst wenn dieses Katz-und-Maus-Spiel maximal unrealistisch ist, man beobachtet es gerne. Dies liegt zum einen am temporeichen, an Überraschungen reichen Plot, zum anderen an den hochwertigen Thrillerbildern von Regisseur Alex Eslam, der für seinen TV-Thriller "Bissige Hunde" 2012 mit Preisen überhäuft wurde.

Die Chemie zwischen dem inzwischen etablierten Dresdner Frauen-Duo Hanczewski und Gröschel scheint ebenfalls zu passen. Bezog die Konstellation der beiden Vorgängerinnen ihren Reiz darin, dass nach außen taffe Frauen und Freundinnen gemeinsam Dienst schieben, hat das Revier von Chef Peter Michael Schnabel (Martin Brambach) nun einen Gegensatz zu bieten: Gorniak als schwer angeschlagene, traumatisierte Kämpferin und Winkler als gehemmt schüchternes Wesen, das damit zu kämpfen hat, die Erwartungen des gnadenlos leistungsorientierten Polizisten-Vaters (Uwe Preuss) zu erfüllen.

So erzählt "Das Nest" nebenbei eine Coming-of-Age-Geschichte, auch wenn man die Latte in Sachen Charakterzeichnung in diesem Krimi nicht zu hoch hängen sollte. Der Dresdner "Tatort " hat sich als ernsthafter Krimi und Spielfeld für wechselnde, durchaus spannende Kreative neu erfunden. Nach dem letzten Krimi "Das kalte Haus" dreht sich der achte gemeinsame Fall des Duos Ende des Jahres unter dem Titel "Katz und Maus" um eine entführte Klatschreporterin. In Arbeit ist zudem ein weiterer Krimi aus Dresden: Der "Tatort: Der unsichtbare Tod" ist für 2023 geplant.

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