02.02.2025 von SWYRL/Susanne Bald
Der elfte "Landkrimi" aus der Steiermark geht selbst den erfahrenen Ermittlern Bergmann (Hary Prinz) und Sulmtaler (Anna Unterberger) nah: Eine junge Frau wurde mit K.-o.-Tropfen betäubt, vergewaltigt und wie Müll entsorgt. Persönlich nah kommt Bergmann auch der Schwester der Toten ...
Humor ist, wenn man trotz Tragik lacht, ohne sie jedoch lächerlich oder kleinzumachen. Dass er diese Art Humor meisterhaft beherrscht, bewies Drehbuchautor und Regisseur Wolfgang Murnberger nicht nur mit den Verfilmungen der Brenner-Krimis von Wolf Haas, sondern auch vielfach mit den ORF-"Landkrimis" aus der Steiermark. Am Donnerstag, 6. Februar, ist "Steirergift", der mittlerweile elfte Teil der Reihe, im Ersten zu sehen. Das Drehbuch schrieb Murnberger erneut mit seiner Frau Maria auf der Basis der Romanfiguren von Claudia Rossbacher. Und es wird ernst wie selten: Sascha Bergmann (Hary Prinz) vom LKA Graz und seine Kollegin Anni Sulmtaler (Anna Unterberger) bekommen es mit einem Vergewaltigungsfall mit Todesfolge zu tun.
Die Kellnerin Julia Moser (Judith Altenberger, Schwester von Schauspielstar Verena Altenberger) wurde mit K.-o.-Tropfen wehrlos gemacht, missbraucht und am Rande einer Mülldeponie abgelegt, wo sie wenig später starb. Die Betäubung mit sogenannten "Vergewaltigungsdrogen" ist eines der perfidesten Verbrechen unserer Zeit, konkrete Fallzahlen gibt es nicht, da die Opfer ihre Peiniger meistens nicht benennen können. Die Dunkelziffer soll entsprechend hoch sein, entsprechend niedrig die Aufklärungsquote, heißt es etwa vom Verein zur Opferhilfe Weißer Ring e.V. Der neue Steirerkrimi zeigt diese Problematik deutlich auf und leistet wichtige Aufklärungsarbeit. Und er geht über das Kriminalistische hinaus, denn er zeigt die Ermittler ungewohnt menschlich und verletzlich.
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Drei Burschenschaftler unter Verdacht
Sulmtaler und Bergmann erfahren, dass Julia sich kurz vor ihrem Tod von dem Studenten Max (Noah L. Perktold) getrennt hatte, er sich damit aber nicht abfinden wollte. Für den Tatabend geben ihm seine Freunde Fritz (Julian Waldner) und Leonard (Gustav Schmidt) jedoch ein Alibi - und damit auch sich selbst. Dennoch geraten alle drei Mitglieder der freischlagenden Burschenschaft "Militia" in Verdacht, nämlich als sich mit Yvonne Lanz (Soi Schüssler) ein zweites Opfer meldet. Auch sie war im "Pub Absacker", in dem Julia arbeitete, mit K.-o.-Tropfen betäubt, vergewaltigt und wie Müll weggeworfen worden. Ihre Anzeige verlief wie so viele in solchen Fällen ins Leere, da sie einen Filmriss hatte. Bis sie nun im Fernsehen ein Bild des Pubs gesehen habe ...
Nicht nur Anni Sulmtaler, selbst der sonst so abgeklärte Sascha Bergmann ist fassungslos angesichts der Hinterhältigkeit des Verbrechens, so sehr, dass er sich gegenüber Julias Schwester Vanessa (Julia Koschitz) zu einem Versprechen hinreißen lässt, das, soviel weiß jeder Krimizuschauer, ein Polizist niemals geben darf: dass er den Täter fassen werde. Und nicht nur das. Die charismatische Vanessa verdreht dem Kriminaler ordentlich den Kopf. Ja, "der Macho Bergmann verliebt sich Hals über Kopf in die Schwester eines Mordopfers", verrät Schauspieler Hary Prinz. "Die Zusammenarbeit mit Kollegin Anni Sulmtaler gerät dadurch ins Wanken. Ob das ein gutes Ende nimmt?" Eine rhetorische Frage, denn das tut es natürlich nicht, zumal die rachedurstige Vanessa beginnt, heimlich selbst auf Mörderjagd zu gehen.
Weibliche und männliche Sichtweisen
Was weder der Freundschaft noch der Zusammenarbeit von Bergmann und der sichtlich angefassten Anni Sulmtaler zuträglich ist, ist dagegen sein männlicher Rat: "Du darfst des net so nah ranlassen an dich ... ich versteh dich, aber vielleicht ein bisschen weniger emotional". "I pack di net: 'Weniger emotional'!", ist Anni fassungslos. "Du kriegst ja deine Hormone auch kaum in den Griff, nur wenn dir eine schöne Augen macht!"
Ein so starker wie wichtiger Dialog, verdeutlicht er doch eine komplexe Problematik. Es sind vor allem Frauen und Mädchen, die Opfer von K.o.-Tropfen-Betäubung und Vergewaltigung werden. Die Vorsicht vor sexuellen Übergriffen generell ist bei vielen Frauen, wie hier bei Anni, ein alltäglicher Begleiter, was vielen Männern bis zum Aufkommen der MeToo-Bewegung vermutlich gar nicht klar war oder bis heute nicht ist. Die gerne bemühte Behauptung, Frauen seien zu emotional, hilft hier daher natürlich noch weniger als sonst. Doch Sulmtaler und Bergmann kennen und mögen sich lange und gut genug, um solche Dinge zu verzeihen. Bergmann beobachtet sogar mit einem gewissen Stolz: "Du bist ja heute bissiger als ich."
In der Tat ist diesmal Sulmtaler die schlagfertigere und sarkastischere der beiden. Als der "Absacker"-Wirt ihr etwa zuzwinkert und prahlt, er brauche keine K.-o.-Tropfen, "bei mir legen sich die Frauen freiwillig nieder", folgt die Antwort prompt: "Stimmt, i krieg auch scho' ganz weiche Knie." Nicht nur für diesen Satz und den Bände sprechenden Blick dabei muss man Anni bewundern, sondern vor allem dafür, so ruhig zu bleiben bei so viel anmaßender Widerlichkeit.
Bei der Premiere im ORF letzten November erreichte "Steirergift" 30 Prozent Marktanteil und war damit eine der meistgesehenen Erstausstrahlungen der "Landkrimi"-Reihe überhaupt. Nächsten Donnerstag folgt der zwölfte Steirer-Krimi, "Steirermord", mit Tobias Moretti in der Gasthauptrolle. Zwei weitere Filme sind abgedreht, die Ausstrahlungstermine stehen noch nicht fest.