Senta Berger wird 80

Die nahbare Ikone

09.05.2021 von SWYRL/Maximilian Haase

Kosmopolitisch und voller Hollywood-Glamour, bodenständig und mit klugem Blick auf die Welt: Senta Berger gilt als Inbegriff des nahbaren Filmstars. Nun, da die gebürtige Wienerin ihr 80. Lebensjahr vollendet, darf ihr "Unruhestand" gern noch länger andauern.

Eigentlich, so hatte es Senta Berger nach dem Ende ihrer Reihe "Unter Verdacht" 2019 angedeutet, wolle sie sich langsam von der Schauspielerei zurückziehen. Dass die weltgewandte Wienerin und weitgereiste Wahlmünchnerin nun doch noch für einige Projekte vor der Kamera steht, ist ein großes Glück. Für sie persönlich, der das Spielen seit jeher große Leidenschaft bedeutet. Für den deutschen Film, den sie entscheidend mitprägte. Vor allem aber für das Publikum, das ihr immer zu Füßen lag. Einst Hollywood-Diva der 60-er, Kino-Ikone der 70-er und seither lebende Legende, verkörpert Berger als Filmstar aus dem Bilderbuch längst verloren geglaubte Eigenschaften. Zwischen glitzerndem Glamour und kritischem Blick auf die Branche, zwischen professioneller Distanz und vertrauter Nahbarkeit, zwischen kosmopolitischem Verve und bodenständiger Klugheit. Wenn Senta Berger am 13. Mai ihr 80. Lebensjahr vollendet, kann man nur hoffen, dass ihr "Unruhestand", wie sie es ausdrückt, möglichst lange währt.

Noch sei die 80 nur eine Zahl auf der Torte, so Senta Berger Anfang des Jahres in einem Interview: "Aber früher oder später werde ich sie mit mir in Verbindung bringen müssen, dafür wird schon mein Körper sorgen". In ihrem Alter komme einem die Kindheit wieder sehr nahe, sagt die 1941 geborene Tochter eines Musikers und einer Lehrerin, nicht ohne ein wenig Wehmut: "Ich denke gerne an meine Jugend und meine Anfänge zurück". Schon 1950 hatte sie ihre erste kleine Rolle in "Das doppelte Lottchen", mit 14 folgte der erste Schauspielunterricht, drei Jahre später fing sie als junge Darstellerin am Theater an. "Einerseits denke ich: So kurz sind also 80 Jahre", blickt Berger zurück: "Dann wieder sage ich mir: Du bist schon einen ganz schön langen Weg gegangen, Senta, hast schon ganz schön viel erlebt". In der Tat, das hat sie.

1961 gelang Senta Berger mit nur 21 Jahren in der Simmel-Verfilmung "Es muss nicht immer Kaviar sein" der Durchbruch - im wahrsten Sinne: Nur ein Jahr später durchbrach sie die Grenzen der jungen Bundesrepublik, ließ sich in Hollywood nieder und stand fortan mit Schauspielpartnern wie Charlton Heston, Frank Sinatra, Dean Martin, Kirk Douglas und John Wayne vor der Kamera. Zwischen den Vereinigten Staaten, die sie 1969 wieder verließ, und Wien, Berlin, London, Rom, München wurde Berger zum Filmstar. Dabei war sie immer zugleich Vertreterin und Avantgarde ihrer Zeit: In ihren zahlreichen italienischen Kinoproduktionen wie "Als die Frauen noch Schwänze hatten" (1970) spiegelte und verstärkte sie in den 70er-Jahren die Italiensehnsucht der Deutschen, in den wilden 80er-Jahren bediente ihr Comeback im Fernsehen ein Verlangen nach neuem Stoff für Individualisten.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter.

Abonniere doch jetzt unseren Newsletter
Mit Anklicken des Anmeldebuttons willige ich ein, dass mir die teleschau GmbH den von mir ausgewählten Newsletter per E-Mail zusenden darf. Ich habe die Datenschutzerklärung gelesen und kann den Newsletter jederzeit kostenlos abbestellen.

Eine Frau mit Haltung

Fragt man Senta Berger nach ihrer Lieblingsrolle, denkt sie bezeichnenderweise etwa nicht an Hollywood oder Italien, sondern an "Die schnelle Gerdi". "Die 'Gerdi' ist halt so besonders geglückt", so Berger über die Figur der legeren Taxifahrerin aus dem 80er-Serienerfolg. Und was wäre "Kir Royal" ohne die Wahlmünchnerin Senta Berger, die 1986 in der furiosen Persiflage auf die Schickeria unvergessen die Freundin des Klatschreporters gab? "Kir Royal", sagte Berger einmal, sei "ein Spiegelbild der damaligen Gesellschaft gewesen, in der die Medien zwar schon eine Rolle spielten, aber doch nicht in der alles vereinnahmenden Weise wie heute". Dass sie distanziert genug ist, um dergestalt zu urteilen, darf man ihr glauben: "Ich habe noch nie zur Schickeria gehört, in keiner Stadt", betonte Berger in einem Interview.

Überhaupt weiß Senta Berger, dass nicht alles glamouröses Gold ist, was hollywoodhaft glänzt. Mutig entzauberte sie die Romantisierung und Verklärung der Filmwelt, deren schöner Schein oft die bittere Realität überstrahlt. In einem Interview mit der "Zeit" berichtete sie, dass sie mehrfach in ihrer Karriere Opfer sexualisierter Übergriffe wurde. Bereits am Theater in Wien habe sie gelernt, damit umzugehen - und "keinem dieser Herren das Vergnügen meiner Empörung" zu bereiten. Heute, da die Zeit reif für die Empörung ist, nennt Berger auch die Namen jener Herren, die der jungen Schauspielerin einst vor Augen führten, dass sie das Sagen hätten: Vom US-Produzenten Darryl Zanuck - laut Berger eine "Harvey-Weinstein-Figur" - über O.W. Fischer bis hin zur Hollywoodlegende Kirk Douglas. Sie lassen das Ausmaß der patriarchalen Herrschaft im Filmbusiness der vergangenen Jahrzehnte nur erahnen.

In diesem Sinne ist Senta Berger auch Zeitzeugin einer Epoche, in der männliche Macht und Gewalt als völlig selbstverständlich galten. Heute nehme sie dahingehend einen Wandel wahr, sagte Berger der "Zeit": "Die Machtverhältnisse ändern sich, das Geschlechterverhältnis ändert sich". Aber, da spricht die Kritikerin der Aufmerksamkeitsökonomie eines schrillen Geschäfts, werde "zu viel über Schauspielerinnen und zu wenig über Putzfrauen oder Busfahrerinnen" gesprochen. Jener kluge Blick auf die Welt abseits der Film- und Fernsehblase unterschied Berger schon früh von vielen anderen. Man könnte auch sagen: Haltung.

"Kann es sein, dass wir als Gesellschaft keine Utopie mehr haben?", fragte sie, die einst den Wahlkampf Willy Brandts unterstützte, an der "Stern"-Kampagne gegen den Abtreibungsparagrafen beteiligt war und sich heute gegen Rassismus und für Tierwohl einsetzt, mit Blick auf die junge Generation. Die Vorstellung, die Verhältnisse ändern zu können - für Berger, dahingehend wohl Kind ihrer Generation, eine alltägliche Selbstverständlichkeit.

"Ich bin dankbar für mein Leben"

Weniger selbstverständlich hingegen, dass Senta Berger nun seit fast 55 Jahren mit ihrem Gatten Michael Verhoeven verheiratet ist, der sie über all die Jahrzehnte nicht nur privat, sondern auch künstlerisch begleitete. Ein Jahr vor der Hochzeit gründeten sie 1965 gemeinsam die Sentana-Filmproduktion, drehten unter Verhoevens Regie Filme wie "Wer im Glashaus liebt" (1971), später auch Formate wie "Die schnelle Gerdi". "Was für ein Abenteuer! Eines der größten überhaupt", umschreibt Senta Berger die Bedeutung ihrer großen Liebe, aus der mit Simon und Luca zwei Kinder hervorgingen, die heute ebenfalls im Filmgeschäft arbeiten. Das Geheimnis hinter der langlebigen - und skandalfreien - Ehe? "Erklären kann ich gar nichts und versuche es auch nicht", beantwortet Berger geduldig die oft gestellte Frage: "Liebe geschieht. Da kann man keinen Plan machen oder eine Taktik anwenden."

Beantworten musste und muss sie derlei Fragen regelmäßig - als Role Model für weibliches Selbstbewusstsein, als Vorbild in Sachen erfülltes Dasein. Ob sie dennoch etwas in ihrem Leben bereue? "Es gibt eine ganze Menge von Versäumnissen, die nicht wieder gutzumachen sind. Damit muss ich leben". Da ist sie wieder, die ebenso aufrichtige wie stolze Starfigur, die keine schillernde Fassade benötigt, um erhobenen Hauptes durch die von Widrigkeiten gesäumte Promiwelt zu schreiten. Umgeben ist Senta Berger dabei von einer besonderen Aura der Demut, die sich in wenigen Worten umschreiben lässt: "Ich bin dankbar für mein Leben", so die Jubilarin: "Sicherlich nicht genug, immer noch nehme ich vieles für selbstverständlich, das nicht selbstverständlich ist." Senta Berger weiß: "80 Jahre zu werden ist sicher kein Verdienst, aber doch Anlass zur Freude, zur gelassenen Heiterkeit".

Bleibt die Frage, ob sie, die vor zwei Jahren ihre Paraderolle der Dr. Eva Maria Prohacek beendete, dem Publikum auch mit 80 als vertraute und zugleich immer wieder überraschende Darstellerin erhalten bleibt. "Ich ziehe mich langsam aus dem Beruf zurück, der Beruf zieht sich langsam von mir zurück. Das ist doch ganz normal - vor allem in meinem Alter", kündigte Senta Berger im Gespräch an. Einerseits. Andererseits, so die Jubilarin, wolle sie weiter in ihrem Beruf arbeiten, "wenn es etwas ist, was ich herausfordernd und vergnüglich finde".

Ehrung auch im TV

Ihren Ehrentag will Senta Berger in Wien begehen, gefeiert wird die allseits beliebte Darstellerin aber natürlich auch im Fernsehen.

An ihrem Geburtstag zeigt Servus TV unter dem Titel "Senta Berger: Die Schauspiel-Ikone im Gespräch" (Donnerstag, 13.5, 18.10 Uhr) ein ausführliches Interview, in dem die Jubilarin auf die Stationen ihres Lebens zurückblickt. Eine Rückschau auf eine bewegte Karriere bietet auch die Dokumentation unter dem simplen Titel "Senta Berger", die der BR am Jubeltag ausstrahlt (22 Uhr), gefolgt um 22.45 Uhr von der Komödie "Almuth und Rita". Am Samstag, den 15.5. zeigt der BR zudem ab 20.15 Uhr zwei Episoden der Reihe "Dr. Schwarz und Dr. Martin", in der Senta Berger und Friedrich von Thun als Gynäkologen aufspielten.

Ebenfalls an der Seite von Friedrich von Thun spielt Senta Berger in der Familienkomödie "Hochzeiten" von 2012, die das Erste samt der Fortsetzung "Just Married - Hochzeiten Zwei" am Ehrentag (13.5.) ab 15.15 Uhr, ausstrahlt. Das ZDF zeigt am selben Tag die Komödie "Zimmer mit Frühstück" (12.10 Uhr), in der Berger unter Regie ihres Mannes Michael Verhoeven zu sehen ist. Bereits einen Tag zuvor, am Mittwoch, 12.5., wiederholt das Zweite den letzten Auftritt ihrer Dr. Eva Maria Prohacek im letzten "Unter Verdacht"-Fall "Evas letzter Gang" (23.30 Uhr). Mit der Komödie "Willkommen auf dem Land!" beendet der Mainzer Sender am Samstag, 15.5. (12.10 Uhr) sein Programm anlässlich des 80. Geburtstags.

Schon am Montag, 10.5., läuft im ZDF mit "An seiner Seite" ein aktuelles Beziehungsdrama, in dem Berger gemeinsam mit Peter Simonischek brilliert. Selbiger Film war zuvor bereits bei ARTE zu sehen. Der deutsch-französische Sender ehrt das Geburtstagskind auch am 13.5. - mit einem der besten "Unter Verdacht"-Fälle ("Ein Richter", 21 Uhr).

Eine ganze Sonderprogrammierung anlässlich ihres 80. Geburtstags widmet Senta Berger der Sender Romance TV: Zu sehen ist ab dem Morgen "Rosamunde Pilcher: Vier Jahreszeiten - Ein Sommer in Endellion" (8.25 Uhr), "Rosamunde Pilcher: Vier Jahreszeiten - Herbststürme" (9.55 Uhr), "Rosamunde Pilcher: Vier Jahreszeiten - Winterwende" (11.25 Uhr), "Rosamunde Pilcher: Vier Jahreszeiten - Das Geschenk des Frühlings" (12.55 Uhr), "Liebe am Fjord - Das Ende der Eiszeit" (14.30 Uhr), "Kleine Sünden - Die Schauspielerin" (16.05 Uhr), "Rosamunde Pilcher: Das große Erbe, Teil 1" (16.10 Uhr) sowie "Rosamunde Pilcher: Das große Erbe, Teil 2" (17.45 Uhr).

Das könnte dir auch gefallen


Trending auf SWYRL