Mit Mikrotransaktionen zum Mega-Unternehmen

Die heimliche Macht aus China: Dieser Games-Gigant überragt EA, Sony und Co.

10.07.2021 von SWYRL

Es ist die mächtigste Gaming-Firma der Welt - und dennoch dürfte sie nur wenigen in westlichen Hemisphären ein Begriff sein: Tencent. Im Heimatland China ist der Alltag ohne die Apps und Techniklösungen des Digitalkonzerns kaum mehr vorstellbar. Im Westen kennt man allenfalls Produkte angeschlossener Entwickler-Studios - etwa "League of Legends" oder "Valorant".

Keine Firma auf diesem Planeten verdient wohl mehr Geld mit Videospielen als Tencent - und dennoch: Würde man Gamer hierzulande befragen, wer die umsatzstärksten Spielepublisher der Welt sind, würden sie vermutlich EA, Activision, Microsoft oder Sony zuerst nennen. Die chinesische Hightech-Firma hat sich in den letzten Jahren zur heimlichen Supermacht der Branche entwickelt und drängt zunehmend auf den westlichen Markt - mithilfe populärer eSports-Titel, aber auch durch gezielte Übernahmen.

Tencent hat sich bereits bei mehreren Studios und Publishern eingekauft und ist im einstelligen Prozentbereich an Remedy Entertainment ("Control"), Paradox Interactive, ActivisionBlizzard und Ubisoft beteiligt. Von Epic Games ("Fortnite") besitzt das Internet-Unternehmen aus Shenzhen ganze 40 Prozent. Und mehrheitlich bis komplett gehören die Entwicklerteams Yager aus Berlin, Klei Entertainment ("Don't Starve"), Supercell ("Clash of Clans"), Grinding Gear Games ("Path of Exile"), Riot Games ("League of Legends", "Valorant"), Funcom ("Conan Exiles") und Digital Extremes ("Warframe") zu Tencents Games-Imperium, dessen wichtigster Markt jedoch China ist.

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Mehr Umsatz als die Konkurrenz zusammen

Dort betreibt die Games-Sparte von Tencent als inländischer Partner nicht nur lizenzierte Free-2-Play-Titel wie "PUBG Mobile", "Call of Duty Mobile" oder "Crossfire", sondern auch Eigenproduktionen - allen voran das Mobile-MOBA "Honor of Kings", das täglich (!) über 100 Millionen User erreicht. Die Mehrheit davon ist übrigens weiblich.

Im Gegensatz zu westlichen Spielern und Spielerinnen haben die Menschen in China allerdings deutlich weniger Berührungsängste mit sogenannten Pay-to-Win-Mechaniken, weshalb sie bereit sind, via Mikrotransaktionen Unsummen für Vorteile wie bessere Waffen und dergleichen auszugeben. Entsprechend beeindruckend fallen die Geschäftszahlen aus: Im Jahr 2020 konnte Tencent allein im Gaming-Bereich einen Umsatz von über 24 Milliarden Euro erwirtschaften - mehr als ActivisionBlizzard, Xbox, EA und Ubisoft zusammen.

Und dennoch stellen diese 24 Milliarden Euro nur ein Drittel des Gesamtumsatzes des Digital-Konzerns dar, der auch die aus dem chinesischen Alltag nicht mehr wegzudenkenden Apps "QQ" und "WeChat" betreibt. Letztere nutzen über eine Milliarde Menschen, um miteinander zu kommunizieren, Kinotickets zu buchen, Taxis zu rufen oder die Rechnung im Restaurant zu bezahlen. Soziale Medien und Medienproduktionsfirmen, Bezahldienste, Banken und zahlreiche Beteiligungen an Fintechs sind weitere tragende Säulen des Giganten, der von Ma "Pony" Huateng geleitet wird. Mit einem Vermögen von fast 74 Milliarden US-Dollar gilt er als einer der reichsten Männer Chinas, in der globalen "Forbes"-Liste wird er auf Platz 16 geführt.

Gamer-Überwachung rund um die Uhr: Gesicht oder Bett!

Wie bei vielen Unternehmen aus China umtreibt westliche Nutzer und Nutzerinnen auch bei Tencent die Sorge über die Weitergabe und -verarbeitung von persönlichen Daten. Wozu die Firma in der Lage ist, zeigt die Mitentwicklung von sogenannten Social-Credit-Systemen, die das Verhalten chinesischer Bürger fortlaufend bewerten sollen und unter anderem bei Kreditanträgen oder für eine mögliche Beförderung ausschlaggebend werden. Bereits seit 2014 laufen die Vorbereitungen für ein ganzheitliches System in China, das je nach Sichtweise eine "harmonische Gesellschaft" herbeiführen soll oder als "Weg in die IT-Diktatur" kritisiert wird. Bislang findet das groß angelegte Sozialprojekt, an dem Tencent zusammen mit anderen Technologieriesen teilnimmt, in einigen Pilotstädten statt.

Aber auch diese Meldung sorgte unlängst für Aufsehen, wonach Tencent in über 60 Mobile Games ein Überwachungssystem eingeführt und aktiviert hat, das Minderjährige zwischen 22 Uhr und 8 Uhr morgens vom exzessiven Spielen abhält. Das System trägt den Namen Midnight Patrol und gleicht die in vielen Smartphones verbaute Gesichtserkennung mit staatlichen Datenbank ab, um herauszufinden, wer da spielen möchte.

Gaming wird in China immer stärker vom Staat reguliert - aus Sorge, der übermäßige Spielekonsum könne zu Suchteffekten führen. Aus diesem Grund müssen sich Nutzer und Nutzerinnen schon seit Jahren mit ihrer Personalausweisnummer für den Zugang zu Spielen registrieren.

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