24.09.2023 von SWYRL/Jasmin Herzog
Fulminant schlägt "Wonder Woman" mit dem Zauberschwert eine Bresche für Menschlichkeit und Frieden, Emanzipation im Kino und mehr Kreativität im Superhelden-Genre - eine echte Überraschung!
Im Jahre 1918 tobt die Materialschlacht des Ersten Weltkriegs. Amazone Diana Prince (Gal Gadot) ist irritiert. "Was ist das für ein Kampf, bei dem ihr den Gegner nicht seht?", fragt sie im Schützengraben. Und sie will jenseits des Stacheldrahts eine kleine Stadt retten, die mitsamt ihren Bewohnern bedroht ist. "Du kannst da nicht raus", warnt Dianas amerikanischer Begleiter Steve Trevor (Chris Pine). Diana kann. In enganliegender Rüstung steigt sie aus dem Graben, wehrt Gewehrkugeln mit der Handfläche ab, schlägt mit dem Schwert Hindernisse beiseite, hält Maschinengewehrfeuer mit ihrem Schild stand, bis auch die englischen Soldaten und Steve ihr zu folgen wagen. Eine Superheldin, kampferprobt, aber sensibel, misst sich mit menschlicher Zerstörungskraft - um die Menschheit zu schützen. Es sind die Widersprüche, mit denen es "Wonder Woman" zu tun bekommt, die die Mission ihres ersten Solo-Filmauftritts so unwiderstehlich machen. ProSieben zeigt den allenthalben als positive Überraschung gefeierten Actionfilm von 2017 nun als Wiederholung.
Abonniere doch jetzt unseren Newsletter.
Taten einer göttlichen Heldin
Die Wunderfrau göttlichen Ursprungs ist unter archaischen Amazonen auf einer mythischen Insel herangewachsen, die Gottvater Zeus dem Zugriff des Kriegsgottes Ares entzogen hat. Eines Tages bricht durch die durchsichtige Kuppel über dem Eiland ein kleines Propellerflugzeug und stürzt ins Meer. Diana rettet den Piloten und sieht sich dem ersten Exemplar Mann ihres Lebens gegenüber. "Wow", sagt Steve Trevor, als er Dianas Gesicht über sich erblickt.
Steve ist Spion in britischen Diensten, den die Deutschen unerbittlich verfolgen. Von einem furchtbaren globalen Krieg berichtet er, der noch schlimmer zu werden droht: Ludendorff (Danny Huston), Oberbefehlshaber der deutschen Truppen, lässt von der bösartigen Wissenschaftlerin Dr. Maru (Elena Anaya) ein verheerendes Gift herstellen. Amazonen-Königin Hippolyta (Connie Nielsen) will sich raushalten, ihre Tochter Diana hingegen vermutet Ares hinter den Vernichtungsplänen und will ihn im Namen von Frieden und Nächstenliebe stoppen. Sie besteht darauf, dass Steve sie über London nach Belgien an die europäische Front bringt.
Frauen an die Macht
Die Frauenpower von "Wonder Woman" befreit das Superhelden-Genre vom eintönigen Gedröhne sonstiger Blockbuster und begründet einen sehr kreativen Film. Gekonnt balanciert Regisseurin Patty Jenkins zwischen romantischer Komödie und aufwühlender Tragik, dem Pittoresken und Lakonischen der Comics und dem epischen Atem der Fantasy, der Action und der Melancholie. Versiert greift Drehbuchautor Allan Heinberg auf Spionageliteratur und das schwülstige Mata-Hari-Frauenbild des Ersten Weltkriegs zurück und dekonstruiert beides zugunsten einer integeren und faszinierenden Heldin.
Kritisch mustert die überzeitliche Wunderfrau die Kriegsführung alter Männer mit lichtem Haar und die Unterdrückung der Frau. Das ist so beschämend, dass ihr emanzipatorisches Selbstverständnis und ihre kämpferische Überlegenheit zur Beglückung werden. Vor allem aber gibt ihre Konfrontation mit Ares, der Konflikt zwischen aufbauenden und zerstörenden Kräften, "Wonder Woman" die metaphysische Substanz, die etwa "Batman vs. Superman: Dawn of Justice" so gefehlt hat.
Dort hatte Gal Gadot bereits einen vielversprechenden Auftritt als Wonder Woman. Nun füllt sie die Rolle mit ihrer ganzen überragenden Präsenz aus. Sie verleiht der Verzweiflung über den Kleinmut der Menschen nicht nur einen allegorischen Körper, sondern auch eine Seele. 2021 wurde die auch an den Kassen erfolgreiche Story mit dem für Corona-Zeiten ebenfalls erfolgreichen Film "Wonder Woman 1984" ebenfalls unter der Regie von Patty Jenkins fortgesetzt. Der Plan eines zunächst angedachten dritten Films wurde nach dem Führungswechsel bei DC verworfen.