Master and Commander - Bis ans Ende der Welt - So. 17.01. - ARTE: 20.15 Uhr

Charakterstudie auf hoher See

13.01.2021 von SWYRL/Frank Rauscher

Zwischen Brutalität und dem Alltag an Bord: In Peter Weirs Seekriegs-Abenteuer "Master and Commander" spielt Russell Crowe in einer Paraderolle den Kapitän Jack Aubrey.

Wer bei ARTE mit dieser Wiederholung einen klassischen Abenteuerfilm erwartet, wird danach den Inhalt wie folgt zusammenfassen: eine Schlacht, viel Gerede, noch eine Schlacht, Ende. Wer jedoch den Regisseur Peter Weir kennt, dem wird schon vorher klar sein, dass "Master and Commander - Bis ans Ende der Welt" (2003) kein bloßes Historienspektakel auf See sein kann. Weir war vielmehr bemüht, glaubwürdige Charaktere in den Mittelpunkt zu rücken. Herauskam ein 135-Millionen-Dollar-Kammerspiel inmitten des unendlichen Ozeans.

Kernfigur des Dramas, das während der Napoleonischen Kriege Anfang des 19. Jahrhunderts spielt, ist der mehrfach dekorierte britische Navy-Captain "Lucky" Jack Aubrey, gespielt von Oscarpreisträger Russell Crowe (zuletzt im Sommer 2020 in "Unhinged - Ausser Kontrolle") im Kino zu sehen. Er steht an der Spitze der "HMS Surprise", einer Art Schulschiff, auf dem viele Kinder Dienst tun. 28 Kanonen, 197 Mann Besatzung - zunächst inmitten eines bedrohlichen Nebels. Plötzlich erfolgt der Angriff durch ein deutlich überlegenes französisches Schiff.

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Keine Brutalität zum Selbstzweck

Schon hier wird deutlich, worin sich "Master and Commander" zuvorderst von anderen Produktionen dieses Genres unterscheidet. Die Kamera hält drauf, verschweigt nichts, zeigt die Schlacht und ihre Folgen in ihrer ganzen Grausamkeit. Voyeuristisch ist dabei nichts, das ist keine Brutalität zum Selbstzweck. Vielmehr beginnt Weir bereits hier seinen Anspruch umzusetzen, das Leben auf See möglichst realistisch darzustellen. Hier fallen die Toten nicht, wie einst in Burt Lancasters "Der rote Korsar", anonym ins Meer. Hier liegen die Leichen an Bord, leiden die Schwerverletzten unter der Obhut des Schiffsarztes Stephen Maturin (Paul Bettany). Überall ist Blut.

Der Mediziner ist die zweite wichtige Figur des Films, eine Art ausgleichendes Gegenüber zum resoluten und ehrgeizigen, aber doch herzensguten Kapitän. Man musiziert gemeinsam, sucht nach der gleichen Tonlage in den Kajüten und auch an Deck. Und man leidet gemeinsam, wenn es wieder einmal darum geht, das Leben eines Besatzungsmitglieds mit einigermaßen animalischen, aber eben doch authentischen Behandlungsmethoden zu retten.

Alles andere als "Fluch der Karibik"

Der erste Angriff der Franzosen hinterlässt Spuren. Auch in der Seele des Kapitäns, der nun eine Verfolgungsjagd durch die halbe Welt aufnimmt, um schließlich nach zwei Stunden Film bei den Galapagos-Inseln dem Feind erneut ins Bullauge zu sehen. Jack Aubrey ist dabei kein Getriebener, kein vom Ehrgeiz zerfressener Seemann. Peter Weir zeichnet das detaillierte Bild eines entschlossenen Anführers, der durchaus hin- und hergerissen wirkt, sich immer wieder Gewissensfragen stellt und in seinem öffentlichen Auftreten der Mannschaft gegenüber nichts anderes sein will als ein Vorbild.

Eine kurze Sekunde lang, als er bei der Beladung des Schiffs mit Lebensmitteln in die Augen einer jungen Eingeborenen blickt (die einzige Frau im Film), spiegelt sich in ihm die Sehnsucht nach einem normalen Leben. Doch anders als zum Beispiel Marlon Brando als selbst ernannter Kapitän der Bounty erliegt er diesen Verlockungen nicht.

Einfach oder im herkömmlichen Sinne unterhaltsam ist "Master and Commander" sicher nicht. Der Betrachter wird sich einlassen müssen auf diese drastische Charakterstudie, auf das Alltagsleben an Bord, wird Neugierde verspüren müssen, sonst langweilt er sich womöglich zu Tode. Vor allem, wenn er - geprägt durch die Piratenkomödien "Fluch der Karibik" - ein heiteres bis peinliches Klischeebild der Seefahrerei vor Augen hat und nicht bereit ist, sich dieses nehmen zu lassen.

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