Tatort: Masken - So. 28.11. - ARD: 20.15 Uhr

Beziehungsstatus ungeklärt

24.11.2021 von SWYRL/Eric Leimann

Wer liebt - oder dominiert - hier wen? Im neuen Dortmunder "Tatort" mit Peter Faber (Jörg Hartmann) und Martina Bönisch (Anna Schudt) geht es um verborgene Gefühle und ihre rabiaten Ausbrüche. Ein faszinierendes Versteckspiel.

Der Dortmunder "Tatort" ist nicht unbedingt ein Krimi der leisen Töne. Das fing 2012 mit dem Psycho-Ermittler Peter Faber (Jörg Hartmann) an, der eigentlich so wahnsinnig war, dass er im normalen Leben wohl schon dutzende Male vom Dienst suspendiert worden wäre. Auch in Sachen Geschichten wird im Ruhrpott-"Tatort" gerne mal groß gedacht. Im letzten Fall "Heile Welt" vom Februar 2021 gab es Straßenkämpfe zwischen Rechten und Migranten, ein fiktionales Hochhaus-Getto wurde quasi Schauplatz einer "Tatort"-Dystopie rund um gesellschaftlich Abgehängte und Fake News-Gläubige. Wuchtig war das, aber - wie so oft - auch ein bisschen drüber. Dagegen kommt der neue Fall des Quartetts Faber, Bönisch, Herzog (Stefanie Reinsperger) und Pawlak (Rick Okon) fast schon klassisch daher.

Ein junger Polizist wird auf seiner morgendlichen Joggingrunde mutwillig überfahren. Das Opfer Nicolas Schlüter stand kurz vor der Beförderung, die Frau des 28-Jährigen erwartet das erste Kind. Viele sind schockiert über den Tod des attraktiven Polizeihauptmeisters. Katrin Steinmann (Anne Ratte-Polle), seine Vorgesetzte und Leiterin der Wache in Dortmund-Hörde, kennt Martina Bönisch von früher. In der Polizeischule waren sie so etwas wie Freundinnen. Auch Steinmanns Tochter Jessica (Michelle Barthel), die als junge Polizistin auf der Wache der Mutter arbeitet, nimmt der Tod ziemlich mit. Ebenso geht es dem uniformierten Kollegen Paul Lohse (Jonas Friedrich Leonhardi), der mit dem Opfer eng befreundet war. Hatte Nicolas Schlüter also nur Freunde?

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Pick-up-Artists und verschmähte Männlichkeit

Das Dortmunder Team ermittelt in alle Richtungen. Dabei gilt es, sowohl das Beziehungsgeflecht auf der Polizeiwache zu entwirren, wie auch das Leben des Opfers besser zu verstehen. Je länger Faber, Bönisch und Co. den Fall untersuchen, desto mehr überraschende Erkenntnisse gibt es. Dass die vielen kleinen Wendungen in "Masken" nicht willkürlich und wie vom Krimi-Reißbrett wirken, dafür sorgte das Autorenteam Arnd Mayer ("Bettys Diagnose") und Claudia Matschulla ("Herzensbrecher"), die bisher viel Vorabendware geschrieben haben. Inszeniert hat den Fall die deutsch-kurdische Regisseurin Ayşe Polat ("En Garde", "Luks Glück"), die zuvor - preisgekrönt - im Arthouse Kino unterwegs war. Gemeinsam erschufen die drei "Tatort"-Novizen einen klassisch psychologischen Kriminalfall, wie er heute zwischen "Themenkrimis" und diversen Format-Experimenten mittlerweile fast schon die Ausnahme darstellt.

"Masken" heißt der Fall deshalb, weil Faber und Bönisch im Zuge der Ermittlungen eine Veranstaltung besuchen, in der ein Pick-up-Artist, also ein bekennender Frauen-Eroberer und weiblicher Trophäensammler, andere Männer darin unterrichtet, wie man in Zeiten von Identitätspolitik, MeToo und Genderwirrwarr trotzdem ein "klassischer" Mann bleiben kann. Im Kieler "Tatort: Borowski und die Angst der weißen Männer" ging es im März 2021 um ein ähnliches Szenario, damals jedoch politisch sehr viel stärker aufgeladen. In "Masken" setzen die zuhörenden Männer ihre Masken nur adeshalb uf, um während des Vortrages anonym zu bleiben und sich bei Zwischenrufen mehr trauen zu dürfen.

Die Liebesballade von Faber und Bönisch?

Der Titel "Masken" darf auch im übertragenen Sinne verstanden werden, denn die Häutungen und Versteckspiele der Figuren bezüglich ihrer Beziehungen und Gefühle ist das eigentliche Thema dieses "Tatorts", der bis kurz vor Schluss eine große subtile Spannung erzeugt. Dass die unerfüllte Liebe Fabers zu seiner Kollegin Bönisch hervorragend in diesem Plot reinpasst, kann man sich denken. Selten wurden die Gefühle zwischen den beiden organischer, ja schöner in die Handlung integriert. Und dass selbst Bönischs Beziehung zum scheinbar so aufgeräumten KTU-Kollegen Sebastian Haller (Tilmann Strauß) doppelbödig und überraschend sein kann, erfährt man hier auch. In einer Szene, als Bönisch von einem sehr traurigen Arbeitstag zurückkehrt und den Freund an der Haustür wortkarg nach Hause schickt, reagiert der bisherige Frauenversteher wie folgt: Er tritt der Freundin heimlich den Autospiegel kaputt. Wie gesagt, ein "Tatort" voller Überraschungen.

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