"Charité intensiv: Station 43" (ARD), "Herz und Viren" (ZDF)

ARD und ZDF an der Corona-Front: Gleich zwei Intensiv-Dokus begleiten Pflegenotstand

09.04.2021 von SWYRL/Eric Leimann

Diese Reportage-Serien sollten sich alle Corona-Skeptiker und politischen Entscheidungsträger im Wahlkampfmodus anschauen: "Charité intensiv: Station 43" (ARD) sowie "Herz und Viren" (ZDF) beschreiben die aktuelle Situation auf deutschen Intensivstationen so packend, als wäre man selbst dabei.

Karl Lauterbach hat die vierteilige Serie "Charité intensiv: Station 43" bereits mit einem Tweet geadelt: "Diese sehr sehenswerte Serie zeigt realistisch, was derzeit auf Covid Intensivstationen los ist. Jeder, der ernsthaft die Gefahr von Covid verstehen will, sollte sich das ansehen. Das Spektrum der Patienten ist jetzt viel jünger, B117 trifft Jüngere hart", schrieb der SPD-Politiker. Aktuell sind die viermal gut 30 Minuten langen Folgen bereits in der ARD Mediathek zu sehen. Ab Mittwoch, 14. April, 21 Uhr, läuft pro Woche eine Episode im rbb-Fernsehen. Auch das ZDF hat unter dem Titel "Herz und Viren" eine Produktion von der "Corona-Front" im Portfolio. Beide Formate sind besonders eindrucksvolle Beiträge zu Aufklärung.

"Charité intensiv: Station 43" begleitet einen Winter lang Station 43, eine der Intensivstationen der Charité, auf dem bisherigen Höhepunkt der Pandemie. Wer zuschaut, erhält einen intimen Einblick in eine Welt im Grenzbereich zwischen Leben und Tod, die den meisten unbekannt sein dürfte. Nüchtern gefilmt, ohne Musik oder Kommentar, sieht man Ärztinnen und Ärzten, Pflegerinnen und Pflegern dabei zu, wie sie Covid-Patienten und ihre Angehörigen begleiten und versorgen. Auch wie sie versuchen, selbst mit diesen Belastungen klarzukommen. Dramatisieren muss man hier nichts, denn mehr Drama geht ohnehin nicht.

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ZDF-Reportage "Herz und Viren": Ein bisschen Doku-Soap darf sein

Das ZDF schießt ab Montag, 12. April, (ZDF Mediathek) das etwas breiter angelegte Format "Herz und Viren" nach. Es pflegt einen ähnlichen Nähe-Ansatz wie "Station 43", reicht aber über die Behandlung von Covid-Patienten hinaus. Die acht knapp 15 Minuten langen Folgen zeigen auch die Versorgung anderer, schwer kranker Patienten - darunter Babys und Kinder.

Bei "Herz und Viren" menschelt es im Vergleich zum ARD-Coronafrontbericht der ARD deutlich mehr. Protagonisten und Protagonistinnen werden auch mal in ihrem Privatleben gefilmt, Musik hier und da effektvoll eingesetzt. Trotzdem bleibt auch dieses Format, von dem vier Kurzreportagen zwischen Montag, 12. April, und Freitag, 16. April, zusätzlich im ZDF-Magazin "hallo deutschland" zu sehen sind, eng und in der Sache nüchtern am pflegenden Alltag dran, ohne dass zusätzliche Dramaturgie geschaffen werden muss. Auch das ZDF filmte in der Berliner Charité.

Was die beiden Formate von ARD und ZDF verbindet, ist die Unmittelbarkeit, mit der die Filme das Arbeiten im Krankenhaus begleiten. Fernsehen im besten Sinne des öffentlich-rechtlichen Bildungsauftrags - aber man muss das als Zuschauer auch erst mal aushalten können. Man sieht viel Leid, viel Verzweiflung, aber auch - trotz allem - viel Motivation. "Ich sage immer, ich gehe Leben retten", erklärt in der ZDF-Serie Josy, eine Kinderkrankenpflegerin auf der Intensivstation. Die 31-Jährige beteuert: "Ich liebe meinen Job so sehr, weil er mir ans Herz geht, weil ich ganz viel fühle dabei."

Permanente menschliche Grenzsituation

Wer hier zusieht, verliert das Verständnis für Corona-Lockerungsdebatten oder politische Eitelkeiten im Bund-Länder-Zwist. Beim Eintauchen in die Welt der Intensivbetten beeindruckt die Mischung aus pragmatischem Handeln und Empathie beim Personal, die auf den besuchten Stationen von der Kamera eingefangen wird. Was dort in permanenten menschlichen Grenzsituationen geleistet wird, ist mit Applaus nicht zu bezahlen. Ginge es gerecht zu, denkt man sich als Zuschauer, müssten hier jene satten Gehälter gezahlt werden, die an anderen Orten des Wirtschaftslebens, zum Beispiel im Banken- oder Industriebereich, üblich sind.

Um Politik und Löhne geht es den öffentlich-rechtlichen Doku(soap)-Formanten jedoch nur indirekt, auch wenn dieser Folgegedanke tief ins Gesehene hineinwirkt. Wichtiger ist den Machern und Macherinnen - beim ZDF Headautorin Jeannine Apsel, beim rbb-Format Regisseur Carl Gierstorfer -, einen unmittelbaren Eindruck von Arbeits- und Lebensplätzen festzuhalten, an denen man täglich mit dem schmalen Grat zwischen Leben und Tod, mit Extrem-Portionen von Hoffnung, Trauer und Verzweiflung konfrontiert wird.

"Für das Wohl ihrer Patientinnen und Patienten gehen Pflegekräfte oft ans eigene Limit", bringen es die Macher des ZDF-Beitrags auf den Punkt. "Der zusätzliche Druck während der Coronapandemie hat die Situation verschärft. Mit stetig steigenden Inzidenzahlen wird sich die Situation erwartungsgemäß sogar noch zuspitzen." Zwei Fernsehstücke beweisen: Es wird höchste Zeit, die Pandemie wieder sehr ernst zu nehmen. Und: Karl Lauterbach hat recht. Gerade die rbb-Produktion zeigt, wie viele junge Patienten mittlerweile auf Covid-Stationen um ihr Leben kämpfen.

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