Tatort: Borowski und das hungrige Herz - So. 12.01. - ARD: 20.15 Uhr

Andrea, no cure - von der Lust und dem Leid

08.01.2025 von SWYRL/Eric Leimann

Im "Tatort: Borowski und das hungrige Herz" begegnen Mila Sahin (Almila Bagriacik) und Klaus Borowski (Axel Milberg) in dessen vorletzten Fall Sexsüchtigen. Für eine von ihnen endete ein Gruppen-Liebesspiel tödlich. Der bärenstarke Film erzählt von der Lust und dem Leiden daran.

Andrea ist "on fire". In ihrer Kieler Wohnung sieht die 40-Jährige im neuen "Tatort: Borowski und das hungrige Herz" einem besonderen Abend entgegen. Sie erwartet Gäste, und bei der geplanten Party soll es ungehemmt und schlüpfrig zugehen. Begleitet vom laut aus den Boxen dröhnenden Mia-Song "Hungriges Herz" bereitet sich Andrea auf eine Sexparty in der eigenen Wohnung vor. Offenbar nicht zum ersten Mal, denn alles hier ist auf Erotik ausgelegt. Es gibt rotes Licht, eine Lustwiesencouch, automatische Jalousien. Andrea, die das etwas merkwürdige Tattoo "No Cure" auf dem Leib trägt, wird den nächsten Tag nicht erleben. Als die Kommissare Klaus Borowski (Axel Milberg) und Mila Sahin (Almila Bagriacik) ihre Wohnung betreten, liegt sie - verstorben an einer Schusswunde - in ihrem Bett. Hat sie einer der Männer ermordet, die sich am Abend zuvor zu einem Sextreff eingefunden hatten?

Die Nachbarn, allen voran das Ehepaar Barbara (Lina Wendel) und Peter Döring (Martin Umbach), hielten Andrea für eine Prostituierte. Peter, Fan der Rock'n'Roll-Bad Boys von Guns N' Roses, führte gar akribisch ein Lärmprotokoll, aus dem hervorgeht: Das Stöhnen aus der Nachbarwohnung drang regelmäßig und vielstimmig zu den Dörings herüber. Aber darf man Andrea für ihr Lebensmodell verurteilen? "Männer, die viel Sex haben, sind echte Kerle - aber Frauen sind immer noch Schlampen. Andrea hatte Spaß am Sex", heißt es im "Tatort", für den an entscheidenden Stellen vor allem Frauen verantwortlich waren. Katrin Bühlig ("Weil Du mir gehörst") schrieb das Drehbuch, Maria Solrun ("Liebe am Fjord") führte Regie.

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Man merke sich den Namen Laura Balzer

Als Borowski und Sahin in das Leben Andreas eintauchen, betreten sie eine fremde Welt. Jene der Sex-Extremisten und Sexsüchtigen. Menschen, die sich wenig um die bürgerliche Beischlaf-Moral kümmern. Dass sich ihr Leben alles andere als frei von Problemen oder gar "befreit" anfühlt, steht auf einem anderen Blatt. Sahin und Borowski begegnen in einem psychologisch dichten und fein fotografierten "Tatort" (Kamera: Birgit Gudjonsdottir) Menschen, deren Psyche sich nicht immer sofort erschließt. Da wäre die junge Mutter Nele Krüger, eine Freundin Andreas, mit der das Opfer engen Austausch pflegte. Laura Balzer, bislang vor allem am Theater aktiv, spielt diese Figur. Sie ist jetzt schon die erste Kandidatin für den Titel "Beste 'Tatort'-Episoden-Hauptrolle" des Jahres. Die Intensität und der Facettenreichtum der 31-Jährigen ist eine Wucht.

Vor fast auf den Tag genau zehn Jahren spielte Elisa Schlott im Januar 2015 ein drogensüchtiges Mädchen im "Tatort: Borowski und der Himmel über Kiel" unter der Regie Christian Schwochows. Damals wollte alle Welt wissen: Wer ist die zarte Blonde, die mit diesem Film so berührt? Für Laura Balzer, wenn auch schon etwas älter, könnte "Borowski und das hungrige Herz" nun zu einer ähnlichen Breakout-Performance werden. "Tatort"-Kommissarin Almila Bagriacik, die demnächst mit Karoline Schuch in Kiel ermittelt, bekommt nun auch eine Beziehungs-Backstory ins Drehbuch geschrieben, die mit dem smarten Kiel-Touristen Juri Rodinski (Robert Finster, "Freud" aus der Netflix-Serie) zu tun hat. Man tut gut daran, den nahenden Abschied des starken, aber eben auch etwas dominanten Axel Milberg vorzubereiten, indem man seiner bisher doch immer ein wenig blass gebliebenen Partnerin mehr Gesicht und Gefühle verschreibt. Ein Vorhaben, das - mit krudem Humor unterfüttert - in diesem stilvollen Krimi durchaus funktioniert.

Wann läuft der letzten "Tatort mit Axel Milberg?

Wirklich stark am "Tatort: Borowski und das hungrige Herz" sind nicht nur Plot und Figurenführung. Auch das Gefühl, das der Film zurücklässt, regt zum Nachdenken und Nachfühlen an. Ist zu viel und zu freier Sex schädlich für die Seele? Oder trauen wir uns nur einfach nicht, über Grenzen und Tabus hinwegzugehen, um Dinge auszuprobieren? Auch Sahin und Borowski werden in dieser Frage auf unterschiedliche Weisen gefordert.

"Der Film behandelt die Frage, wie Frauen mit Liebe und Sexualität umgehen, und erzählt dabei vier Perspektiven auf das Thema", sagt Regisseurin Maria Solrun. Dass ein kreativ weiblich geprägter "Tatort" dies heute tun darf und sich dabei erzählerisch und gedanklich ziemlich frei bewegt, dafür sollte man den guten, alten "Tatort" mal wieder loben. Auch dafür, dass man bei diesem Bestreben und mit diesem Thema starke Bildern produziert, die mit dem Jugendschutz trotzdem keine Probleme bekommen dürften. Es geht also, ein intensiver Film über Sex und Erotik - ohne klassisch schlüpfrige Bilder. Mit "Tatort: Borowski und das Haupt der Medusa" wird sich Schauspieler Axel Milberg dann endgültig in die Kommissars-Rente verabschieden. Sein letzter Fall wird voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2025 ausgestrahlt.

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