Achtteilige Serie

"30 Tage Lust" in der ARD-Mediathek: So haben Sie Sex noch nie gesehen

20.10.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Freddy (Linda Blümchen) und Zeno (Simon Steinhorst), fast 30, sind schon ihr halbes Leben ein Paar. Jetzt wollen sie etwas Neues ausprobieren: 30 Tage lang dürfen beide mit anderen Partnern schlafen. Die ungeheuer frische ARD-Mediatheken-Serie "30 Tage Lust" ist ein kleines Meisterwerk.

Diese Serie beginnt mit Sex. Freddy (Linda Blümchen) und Zeno (Simon Steinhorst), fast 30, sind schon ihr halbes Leben lang ein Paar. Dass sie sehr vertraut miteinander sind, sieht man in einer - ziemlich expliziten - Liebesszene, gleich am Anfang der etwa achtmal 30 Minuten langen ARD-Mediathekenserie "30 Tage Lust" (ab Freitag, 25. Oktober). In die Vertrautheit der zärtlichen Liebe aus dem Lehrbuch mischen sich aber vor allem bei Freddy Zweifel. Die beiden sind seit der Schulzeit ein Paar. Sie haben noch nie mit einer anderen Person geschlafen. So beschließt man auf einer Party, sich und dem anderen ab sofort ein 30-Tage-Fenster zu öffnen, in dem jeder mit anderen Partnern Sex haben kann. Die einzige Regel lautet: nie zweimal mit der gleichen Person, und, kleiner Spoiler, kurze Zeit später kommt als Nachtrag noch eine Regel hinzu: Bekannte sind tabu! Wobei sich herausstellt, dass gerade diese Regel nicht gerade leicht umzusetzen ist.

Wie setzt man das Ganze um? Museums-Restaurator Zeno bleibt in der gemeinsamen Wohnung, Freddy, die nach abgebrochenem Studium in einer Apotheke jobbt, zieht zu ihrer zehn Jahre älteren Single-Freundin Charu (Samia Chancrin) in eine Zweck-WG. Nun beginnen sich Freddy und Zeno umzuschauen, wenn auch beiden Partnern das geplante "Lustspiel" ein wenig Angst macht.

Freddy beginnt auf einer Party ihres Ex-Professors (Sebastian Blomberg) mit einem älteren, erfahrenen Mann zu flirten. Zeno hingegen lässt sich von seinen netten Nachbarn zur Intimität einladen. Er steht zwar auf die unwiderstehlichen Kurven der Frau, aber den durchtrainierten Kerl an ihrer Seite, der dazu noch großes Achtsamkeit-Potenzial mitbringt, hätte er nun nicht unbedingt gebraucht. Auf diese Weise stolpern und "daten" sich Zeno und Freddy über acht Folgen durch einen Beziehungsdschungel, der sie alle erdenklichen Facetten des intimen Miteinanders und ein Wechselbad der Gefühle erleben lässt.

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Ekstase und Scham, Freuden und Peinlichkeiten

"30 Tage Lust" hätte vom Plot her betrachet auch eine mehr oder minder abgeschmackte RomCom-Serie werden können, stattdessen ist die von Headautor Bartosz Grudziecki und einem Writers' Room verantworte Mediatheken-Perle eine sehr berührende Dramedy geworden, für deren Qualität und Gefühlsfarben man fast einen neuen Begriff erfinden müsste. Da sind zum einen die großartigen schauspielerischen Leistungen, mit denen der junge Millennial-Cast aufwartet, erweitert durch ein paar Generation X- und Boomer-Könner wie Wolfram Koch, Sebastian Blomberg oder Teresa Hader. Dazu kommt die Originalität der Plots und auch der Sexszenen, die von Autor Grudziecki, der schon den umstrittenen Münchener "Tatort: Hardcore" als Co-Autor verantwortete und Pia Hellenthal ("Wir") als Regisseure in Szene gesetzt wurden.

Wer die Liebesmomente unterschiedlichster Art in "30 Tage Lust" - und es gibt logischerweise viele davon - am Bildschirm verfolgt, bekommt mitunter den Eindruck, dass man genauso wie hier noch niemals zuvor Sex im Film gesehen hat. Was nicht daran liegt, dass Figuren und Cast hier gänzlich andere Dinge tun würden als sonst. Eher ist es so, als würde "30 Tage Lust" seinen Figuren tiefer in die Seele blicken und deren Ekstase und Scham, Freuden und Peinlichkeiten auf einem höheren Niveau herausarbeiten, als man es von den vielen anderen Versuchen, körperliche Liebe zu inszenieren, gewohnt ist. Und das will in der langen Geschichte des erotischen Films, der erste soll "Le Coucher de la Mariée" von 1896 gewesen sein, schon einiges heißen.

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