Peter Urban-Nachfolger im Interview

Immer schön locker: Thorsten Schorn ist der Nachfolger des legendären Peter Urban beim ESC

06.05.2024 von SWYRL/Eric Leimann

Weil Mikrofon-Legende Peter Urban 2023 nach 25 ESC-Ausgaben in den Ruhestand ging, musste ein neuer Kommentator für den größten Musikwettbewerb der Welt gefunden werden. Nun übernimmt Radiomoderator Thorsten Schorn, der den ESC-Finalabend am Samstag, 11. Mai, begleiten wird. Wer ist der Mann?

Sein Vorgänger, der legendäre Peter Urban, der den ESC 25 Mal kommentierte, hatte über die Texte von Popmusik promoviert und früher selbst in bekannteren Bands gespielt. Thorsten Schorn hingegen spielt außer dem Flohwalzer auf dem Klavier kein Instrument. Dafür ist der 48-jährige Kölner begeisterter ESC-Fan. Außerdem bringt der preisgekrönte 1LIVE- und WDR-Moderator eine Menge Erfahrung hinter dem Mikro mit sich. "Schon als Kind wollte ich immer der sein, der zwischen der Musik etwas sagt", verrät er im Interview. Seine Premiere steht am Samstag, 11. Mai, an. Ab 21 Uhr wird er im Ersten Thorsten Schorn einige Stunden lang den größten Musikwettbewerb der Welt mit seiner Stimme im Ersten begleiten. Wie wird man eigentlich ESC-Sprecher, will Schorn ganz anders sein als Peter Urban, und warum sind die Deutschen eigentlich so negativ, wenn es um ihre eigenen ESC-Kandidaten geht?

teleschau: Wie wird man eigentlich neuer ESC-Sprecher? Bewirbt man sich für den Job oder wird man berufen?

Thorsten Schorn: Der NDR und ich arbeiten ja schon länger zusammen, weil ich die Stimme des Deutschen Radiopreises bin, der jedes Jahr in Hamburg verliehen wird. Die Verleihung wird live in über 60 Radiostationen übertragen, letztes Jahr sogar auf Mallorca, was ich als "einen Hauch von Eurovision Song Contest" bezeichnet habe. Vermutlich war das mein Casting.

teleschau: Wie lange wissen Sie schon, dass Sie den ESC kommentieren werden?

Schorn: Seit meiner Kindheit. Und nachdem im vergangenen Jahr der Platz von Peter Urban frei wurde, führten wir immer wieder Gespräche dazu. Letztendlich eingetütet haben wir das dann zufälligerweise an meinem Geburtstag - ein wirklich schönes Geschenk.

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"Schon als Kind wollte ich immer der sein, der zwischen der Musik etwas sagt"

teleschau: Haben Sie selbst mal Musik gemacht?

Schorn: Ich kann den Flohwalzer auf dem Klavier, immerhin. Meine Mutter musste als Kind Akkordeon spielen und hat sich geschworen: Meine Kinder zwinge ich zu keinem Instrument. Das kleine Keyboard, das ich mir mal zu Weihnachten gewünscht hatte, habe ich zwar bekommen, aber den Musikunterricht wollten mir meine Eltern ersparen. So spiele ich also selbst keine Musik, bin aber von Kindesbeinen an von ihr begeistert.

teleschau: Welche Art von Musik lieben Sie?

Schorn: Ich höre sehr gerne Popmusik, kann mich aber letztlich für alles begeistern. Daher passte auch die große musikalische Bandbreite des Radios immer ganz gut zu mir. Das hat mich von klein auf geprägt. Schon als Kind wollte ich immer der sein, der zwischen der Musik etwas sagt. Und die große Vielfalt, die man im Radio hört, findet sich ja auch beim ESC. Insofern passt es mit mir und dem Wettbewerb ganz gut.

teleschau: Waren Sie als Jugendlicher Fan bestimmter Bands oder Künstler? Oder gehörten Sie gar einer Subkultur an?

Schorn: Ich konnte schon immer fast jedem Musikstil etwas abgewinnen. Man findet mich heute beim Parookaville-Festival in Weeze, wo elektronische Musik gespielt wird, aber auch bei einem klassischen Konzert in der Kölner Philharmonie. Auch Rockmusik finde ich toll, AC/DC sind live ein Erlebnis. Es gibt keinen Stil, den ich per se ablehne - und das gilt ebenso für den ESC. Es ist ein Wettbewerb der Offenheit und Toleranz. In menschlicher und auch in musikalischer Hinsicht.

"Ich schätze die Art, wie Peter Urban es gemacht hat, sehr"

teleschau: Ist es erlaubt, bei der Moderation durchblicken zu lassen, dass man ein Lied doof findet?

Schorn: Ich werde versuchen, mich diesbezüglich zurückzuhalten und möchte weder irgendwas nach oben jubeln noch zynisch schlecht reden. In meinen Radiosendungen gehört es dazu, dass ich bei einem neuen Titel die Daumen drücke, dass er beim Publikum ankommt. Es ist doch schön, wenn Menschen Spaß an Musik haben. Da habe ich also einen grundsätzlich positiven und offenen Umgang mit neuer Musik. Und so freue ich mich auf alle Beiträge beim ESC. Das Urteil sprechen ohnehin die Jurys und das Publikum.

teleschau: Peter Urban hat den ESC 25-mal kommentiert. Werden Sie seinen Stil beibehalten oder es völlig anders versuchen?

Schorn: Ich schätze die Art, wie Peter Urban es gemacht hat, sehr. Er war in seinen Kommentaren auf den Punkt, klug und hat mit seiner unverwechselbaren Stimme den ESC in Deutschland geprägt wie kein anderer vor ihm. Und da sind schließlich Namen wie Thomas Gottschalk, Max Schautzer und Jan Hofer dabei.

teleschau: Gibt es Grundregeln beim ESC-Kommentar?

Schorn: Mein Ansatz ist, die Leute an die Hand zu nehmen. Gemeinsam erleben wir die größte Musikshow der Welt. Ich bin vorbereitet, damit es die Leute vor dem Fernseher nicht zu sein brauchen. Die meisten hören die Songs ja dann zum ersten Mal. Auch die Spielregeln sind ja im Prinzip gar nicht wahnsinnig kompliziert. Ich möchte meinen Kommentar vor allem an jenen ausrichten, die sich genau einen einzigen Tag im Jahr für den ESC interessieren. Und unterhaltsam soll es natürlich auch sein. Hier bietet der ESC in der Regel aber auch viele Vorlagen (lacht) ...

teleschau: Also wird es auf jeden Fall lustig mit Ihnen?

Schorn: Ich bin ja Kölner. Trude Herr hat mal über uns gesagt: "Das mit der Heiterkeit nehmen wir ernst!".

"Manche Titel sehe ich am Finalabend zum sechsten Mal"

teleschau: Sie kennen alle Songs, die Sie im Finale hören, schon vorher. Heißt das, sie bereiten Ihren Kommentar für den Abend vor und variieren ihn nur noch je nach Qualität der Performance und der Publikumsreaktionen?

Schorn: Da ich auch die Halbfinale begleite und mir vorher die Proben anschaue, sehe ich manche Titel am Finalabend zum sechsten Mal. Insofern kann ich mir überlegen, was ich sagen werde. Trotzdem muss ich auch im Moment bleiben. Sowohl im Erleben als auch mit meinen Reaktionen. Es wird wohl eine Mischung aus Vorbereitung und Spontaneität. Zwischen den Auftritten sind 40 Sekunden Zeit. Da kommt es aufs Timing an. Bitte nicht in den Gesang reintexten, das kenne ich ja vom Radio.

teleschau: Werden Sie den ESC über das Jahr 2024 hinaus kommentieren?

Schorn: Jetzt schauen wir mal, wie es wird. Ich habe alles, was ich bisher beruflich gemacht habe, immer als gegenseitiges Ausprobieren betrachtet.

teleschau: Dürfen Sie verraten, wer ihr Favorit beim ESC 2024 ist und welchen Titel Sie persönlich am besten finden?

Schorn: Wer beim ESC erfolgreich sein will, muss vor allem mit dem Auftritt überzeugen. Insofern wird es spannend, ob sich am Ende einer der Favoriten aus den Wettbüros durchsetzt. Und um meinen persönlichen Geschmack geht es ja nicht. Der ESC ist unglaublich facettenreich und eine Wundertüte. Ob Mainstream oder verrückt und schräg. Alles ist möglich, ich liebe das.

"Sich locker zu machen, ist grundsätzlich ein guter Tipp"

teleschau: Deutschland hat in den letzten Jahren beim ESC immer sehr schlecht abgeschnitten. Mittlerweile hat man fast den Eindruck, dass bei uns viel Häme im Spiel ist, wenn wir die eigenen Bemühungen begleiten. Sind die Deutschen ESC-Masochisten?

Schorn: Ich denke, es ist eher umgekehrt. Im Fußball und beim ESC zeigt Deutschland stets einen enormen Ehrgeiz. Wenn für manch andere der Spaß und das Dabeisein im Vordergrund stehen, dann wollen die Deutschen eben gewinnen - oder zumindest gut abschneiden. Ich kann beim ESC einen wunderbaren Abend haben, egal auf welchem Platz Deutschland landet. Okay, bei den letzten sieben Teilnahmen sind wir dreimal Letzter und dreimal Vorletzter geworden. Das ist hart. Doch dass wir durchaus etwas reißen können, haben zuletzt Michael Schulte 2018 mit Platz vier und natürlich Lena mit ihrem Sieg 2010 eindrucksvoll bewiesen.

teleschau: Also rufen Sie dazu auf, sich als Deutsche in Sachen ESC einfach mal locker zu machen?

Schorn: Sich locker zu machen, ist grundsätzlich ein guter Tipp. Das Tolle beim ESC im Gegensatz zu Sportwettbewerben: Die Vorjahres-Performance spielt keine Rolle. Jedes Jahr ein neuer Anlauf. Und jede Nation, egal ob groß oder klein, hat die gleiche Chance zu gewinnen. Gesucht wird einfach nur der beste Song. Dies macht für mich den Reiz dieses Wettbewerbs aus, und es sorgt immer wieder für wunderbare Geschichten.

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